Sarah Henschke über Reformen in der katholischen Kirche

Es reicht nicht, es reicht nicht, es reicht nicht

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Ja, es hat sich einiges bewegt in der katholischen Kirche, sagt Sarah Henschke, Diözesanseelsorgerin des BDKJ im Bistum Trier. Sie liebt ihren Beruf. Und darum will sie sich im Gast-Kommentar nicht zufriedengeben mit einigen Reformhäppchen.

„Willst du wirklich als junge Frau für die katholische Kirche arbeiten? Willst du nicht doch lieber Lehrerin werden?“ Vor 15 Jahren hat mir meine Patentante diese Frage gestellt. Ich war gerade 18 und hatte mein Abitur in der Tasche. Seit ich 14 war, gab es für mich nur ein Berufsziel: Gemeindereferentin. „Natürlich. Es ist doch toll, dass ich als Frau überhaupt als Seelsorgerin arbeiten kann.“

Ich hatte Kirche ausschließlich positiv erlebt, und die Blase um die Missbrauchsfälle war noch nicht geplatzt. Mir war auch nicht klar, welche großen Strukturreformen anstanden und wie sich der Beruf dadurch wandeln würde.

Erschüttertes Kirchenbild

Die Autorin
Sarah Henschke (32) ist Gemeindereferentin und Diözesanseelsorgerin des BDKJ im Bistum Trier. Sie ist Mitglied im Vorstand des Bundesverband der Gemeindereferent*innen Deutschlands, Delegierte beim Synodalen Weg und Mitglied im Forum 4 "Leben in gelingenden Beziehungen". Sie ist verheiratet und Mutter von drei Kindern.

Die ersten Aufdeckungen der Missbrauchsfälle 2010 erschütterten mein Kirchenbild. Zum Glück habe ich ein soziales Netz aus kirchennahen und -fernen Menschen, mit denen ich immer schon kirchenpolitische Themen diskutiert habe. Ich haderte mit der Art der Aufarbeitung und dem Umgang mit Problemen durch die katholische Kirche.

2019 bekam ich die Chance, meine Berufsgruppe beim Synodalen Weg zu vertreten. Hier sollte nach Wegen und Lösungen gesucht werden, um den Ergebnissen der MHG-Studie und den Betroffenen gerecht zu werden. Der Synodale Weg war nicht nur die Vollversammlung. Er war die Foren, die Netzwerke, die man knüpfte und die Diskussionen on- und offline.

Auch ohne römische Erlaubnis

Auf diesem Weg ist sehr viel passiert. Diejenigen, die ein echtes Interesse daran hatten, miteinander zu ringen und zuzuhören, haben sich in ihren Meinungen bewegt. Mein eigenes Weltbild und mein Glaube sind weiter geworden, denn ich habe zugehört, nachgefragt und dazugelernt. Ich habe Meinungen und Glaubenssätze verworfen und angepasst. Ich habe andere unterstützt, die in, an und durch die Kirche Leid erfahren. Gleichzeitig habe ich mich für die Themen der laienpastoralen Berufsgruppen eingesetzt.

Sollte es niemals ein offizielles Synodales Gremium geben, die Netzwerke, die Gedanken und die Ergebnisse des Synodalen Wegs werden bleiben. Wer wirklich Missstände aufarbeiten und positive, menschenfreundliche Orte in Kirche gestalten will, wird dies tun. Auch ohne römische Erlaubnis.

Etwas weniger diskriminierend

Ich bin nicht mehr der Meinung, dass es schon reicht, dass Frauen als Seelsorgerinnen arbeiten dürfen. Es reicht auch nicht, dass wir ab und zu bei Synoden unsere Meinung sagen dürfen. Es reicht nicht, dass die Grundordnung geändert wurde und Kirche als Arbeitgeber etwas weniger diskriminierend geworden ist. 

Es reicht nicht und deshalb mache ich weiter.

In unseren Gast-Kommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

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