Medienprofi zu Gast beim oldenburgischen „Abend der Caritas“

Ex-ZDF-Intendant Bellut: Müssen abweichende Meinungen ertragen!

  • Der langjährige ZDF-Intendant Thomas Bellut war Gastredner beim diesjährigen „Abend der Caritas“ in der Katholischen Akademie Stapelfeld in Cloppenburg.
  • Vor rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern lautete sein Thema „Medien – Politik – Verantwortung: Was hält die Gesellschaft zusammen?“
  • Angesichts ihrer großen Einflussmöglichkeiten forderte Bellut von Medien verantwortliches Vorgehen und eine ständige Bereitschaft zur Selbstkritik.

Anzeige

Eine freie Gesellschaft braucht freie Medien – und die müssen sich ihrer besonderen Verantwortung bewusst sein. So lautete eine von Thomas Belluts Hauptthesen bei seinem Vortrag beim diesjährigen „Abend der Caritas“ des oldenburgischen Landes-Caritasverbands. „Ich glaube fest an den Wert einer freien unabhängigen Presse, um gerade Verbrechen gegen die Menschheit und die eigenen Bürger, um Korruption, Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit zu verhindern“, erklärte der langjährige ZDF-Intendant vor rund hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern in der Katholischen Akademie Stapelfeld (KAS) in Cloppenburg.

Der Presse komme dabei die Aufgabe zu, einen fairen öffentlichen Diskurs zu organisieren. Dazu müsse sie ihren Einfluss verantwortungsvoll nutzen. Dieser Einfluss sei weiterhin groß. Denn mit dem Fernsehen als Leitmedium zählten sie trotz des Vordringens von Facebook und Co. immer noch zu den am meisten genutzten Informationsquellen.

Sich immer wieder selbstkritische Fragen stellen

Thomas Bellut. | Foto: Michael Rottmann
Thomas Bellut war zu Gast in Stapelfeld. | Foto: Michael Rottmann

Zu einer ethischen Verantwortungskultur von Medien gehört es für Bellut, dass sie sich immer wieder selbstkritische Fragen stellen: Üben wir unsere Arbeit korrekt und fair aus? Erreichen wir alle Gruppen der Gesellschaft gleichermaßen? Sind wir offen für andere Meinungen? Belluts Eindruck: Medien versuchen das. Aber, so gestand er auch: „Wir machen aber auch Fehler, wir müssen einfach noch besser werden.“

Als Beispiel nannte der im März verabschiedete Intendant den Umgang mit Meinungen, die vom gerade herrschenden Mainstream abweichen. „Alle Journalisten und Journalistinnen bewegen sich besonders gerne in Bereichen, die sie für allgemein anerkannt und akzeptiert halten. Abweichende Minderheiten-Meinungen haben es grundsätzlich schwerer.“

Auch kritische Stimmen zulassen

Dieser „Mainstream“, der Hauptstrom der Meinungen und Ansichten, definiere allzu oft auch die Breite der Behandlung von Themen in den Medien. Was dem nicht entspreche, werde weniger beachtet. Dem müssen alle Verantwortungsträger immer wieder entgegenwirken. „Medien müssen auch in anscheinend klaren Situationen kritische Stimmen zulassen.“ Als Beispiel nannte Bellut die Diskussion über Waffenlieferungen in die Ukraine und die Diskussion über Kernenergie. „Nachfragen und prüfen, nur das kann das Motto für Journalismus sein.“

Die Gesellschaft müsse sich dabei auch neu in Toleranz üben. Denn, so Bellut: „Wenig ist schlechter geworden in unserer Gesellschaft, nur eines: die Bereitschaft, die Freiheit der Andersdenkenden zu verteidigen, die Toleranz, einfach mal von eigenen Positionen abweichende Meinungen zu ertragen, diese Toleranz hat erheblich abgenommen.“

Der oldenburgische Landes-Caritasverband lädt seit 2008 einmal im Jahr Unternehmer, Kommunalpolitiker und weitere Persönlichkeiten aus dem Oldenburger Land zum „Abend der Caritas“ ein, um mit Entscheidungsträgern ins Gespräch zu kommen und sie miteinander ins Gespräch zu bringen. Als Vortragsredner waren dabei unter anderen schon die ehemaligen Bundesminister Rita Süßmuth und Thomas de Maizière oder der mittlerweile verstorbene Chefvolkswirt der Deutschen Bank Norbert Walter zu Gast.

Anzeige