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Am 12. Februar feiert Hugo Goeke (91) mit einem Gottesdienst in der Ludgerikirche in Münster sein eisernes Priesterjubiläum. Als Gründer und langjähriger Leiter des Instituts für Diakonat und pastorale Dienste im Bistum Münster war und ist ihm die Stärkung der Position der Laien ein besonderes Anliegen. 65 Jahre nach seiner Weihe haben wir den emeritierten Theologie-Professor nach der Bilanz seiner Arbeit gefragt – und wie er die aktuelle Situation der Kirche bewertet.
Herr Goeke, Sie waren 1972 der Gründer und 20 Jahre Leiter des Instituts für Diakonat und pastorale Dienste (IDP) im Bistum Münster, haben sich also jahrzehntelang für die Förderung der Berufungen der Laien eingesetzt. Wie sehen Sie aus der Perspektive eines langen Priesterlebens die Position der Laien in der Kirche?
Sie sprechen zu Recht von den „Berufungen der Laien“. Das erinnert mich an das Wort von Romano Guardini vor fast 100 Jahren: „Die Kirche erwacht in den Seelen.“ Man könnte es übersetzen: „Laien entdecken ihre Berufung.“ Und das II. Vaticanum hat diese in der Kirche längst begonnene Entwicklung aufgegriffen und fortgesetzt. Die Laien als Volk Gottes sind Basis und Zentrum der Kirche. Alle Dienste in der Kirche, Papst, Bischöfe und Priester, müssen ihre Aufgabe darin sehen, den Laien zu helfen, ihre Berufung zu entdecken, zu deuten und zu fördern. Das bedeutet gleichzeitig, ihnen Vertrauen und Wertschätzung entgegenzubringen, ihnen eigenverantwortlich Aufgaben zu übertragen. Dass Laien als Pastoralreferentinnen und -referenten im Dienst der Kirche sind oder sich zu Diakonen weihen lassen, heißt noch nicht, dass ihre Position die volle Anerkennung gefunden hat. Ich hätte mir gewünscht, dass man Laien ermöglicht hätte, mancherorts anstelle der Aufhebung von Gemeinden örtliche Basisgruppen mit zeitlich begrenzter Leitung von zwei oder drei Laien zu gründen und zu leiten. Das hätte ihre Anerkennung und ihre Position gestärkt. Und vielleicht auch kirchlichen Aufbruch bedeutet.
Wie sieht für Sie das Priesterbild der Zukunft aus?
Nicht das Amt darf im Vordergrund stehen, sondern der „priesterliche Mensch“. Zum Beispiel: Er darf die Gläubigen nicht von oben her „bepredigen“. Er hat sie zur Nachdenklichkeit zu führen. Auch, indem er sie an seiner eigenen Nachdenklichkeit teilhaben lässt. Der Priester ist kein Besserwisser. Der Missionar Bonifatius hat einmal wichtige Punkte für die Priester aufgelistet. An erster Stelle nennt er Kontakt. Ja, das ist es: Nahe bei den Menschen, zuhören können, ermutigen, Wertschätzung zum Ausdruck bringen, ihre Lebenswelt verstehen. Das Dasein ganz nahe bei den Menschen hat Vorrang vor allen Diensten und Aufgaben. Das weckt großes Vertrauen und macht die Kirche wieder „liebens-würdig“.
Seit Jahrent steigen die Kirchenaustrittszahlen eklatant, die Bedeutung der Kirche in der Gesellschaft nimmt ab. Überwiegt bei Ihnen Frust oder Hoffnung?
Frust entsteht nur da, wo eine falsche Erwartungshaltung ist. Natürlich hatte ich Erwartungen, die sich nie erfüllt haben. Aber sie haben mich nie frustriert. Seit langer Zeit begleitet mich ein Wort von Hans Magnus Enzensberger: „Jeder Peinlichkeit wohnt eine Erleuchtung inne.“ Das hat sich in meinem Leben oft bestätigt. So bin ich sicher: Den gegenwärtigen „Peinlichkeiten“ wie Kirchenaustritte, Minderung gesellschaftlicher Relevanz und „Hakeleien“ beim Synodalen Weg wird Erleuchtung folgen. Erleuchtung durch tieferes Begreifen dessen, der sagt: „Ich bin das Licht der Welt“, und durch zeitgemäße Deutung dieser Verheißung. Nicht durch Rechthaberei. Ich habe unsterbliche Zuversicht.