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Fastenzeit gegen den Strich: Mehr statt weniger! Schließlich geht es nicht nur um Verzicht. Gott will auch keine Weltmeister in christlicher Tugendhaftigkeit, sondern dass wir unser Leben meistern. Und beim Meister persönlich lernen, wie das gelingt.
Fastenzeit gegen den Strich: Mehr statt weniger! Schließlich geht es nicht nur um Verzicht. Gott will auch keine Weltmeister in christlicher Tugendhaftigkeit, sondern dass wir unser Leben meistern. Und beim Meister persönlich lernen, wie das gelingt.
Natürlich hat Gott nichts gegen Fasten. Aber bitte nicht als religiöser Leistungssport inklusive Qualitätskontrolle und Siegerehrung. So nach dem Motto: Nur wer es sich besonders schwer macht, wer am meisten oder ärgsten verzichtet und wer dabei besonders armselig aussieht, der kann Punkte machen beim Herrgott. Bei Jesus hätte so einer keine Chance. Womöglich würde er ihm wie im Matthäus-Evangelium mit einem Zitat aus dem alttestamentlichen Buch Hosea kommen: „Dass das klar ist: Ich will keine Opfer, ich will Barmherzigkeit!“
Wo andere von Verzicht und schlechter Laune berichten, von Sack und Asche, da rät Jesus etwas ganz anderes: Mach dich schön, und bleib im Haus! Oder in der Sprache der Bibel: „Salbe dein Haar und wasche dein Gesicht, wenn du fastest, damit die Leute nicht merken, dass du fastest, sondern nur dein Vater, der auch das Verborgene sieht.“
Kein Verzicht um des Verzichts willen
Kurzum: Die Fastenzeit will keinen Verzicht um des Verzichtes willen. Oder weil das nunmal so üblich ist. Und schon gar nicht, weil purzelnde Pfunde sich auch erleichternd auf das Sündenregister auswirken würden.
Die Theologen formulieren das so: Es geht in der Fastenzeit darum, von etwas frei zu werden, um für etwas frei zu werden. Frei von dem, was mich belastet, was das Leben schwer macht – ein sehr selbstbezogener Lebensstil zum Beispiel, oder unausgesprochene Konflikte. Und frei für mehr Lebensfreude, Leichtigkeit, Gelassenheit, Gott.
Auf der Suche nach einem Meister
Gott will keine Weltmeister in christlicher Tugendhaftigkeit. Er will, dass wir unser Leben meistern, es zur Entfaltung bringen, zum Blühen. Kurzum: dass wir glücklich sind. Wer weiß, wie das gelingen kann, den nennen Menschen aller Religionen und Kulturen einen „Meister“. Das meint etwas anderes und mehr als die Fertigkeiten, die Handwerkern mit einem „Meisterbrief“ bestätigt werden – und auch etwas anderes und mehr als das Wissen, das Studierenden mit einem „Master“-Abschluss bescheinigt wird. Das im Übrigen auch nicht zwangsläufig die hohe Geistlichkeit. Von wegen, sagt Jesus: „Nur einer ist euer Meister.“
Es ist wenig erstaunlich, wie viele Menschen heute offenbar auf der Suche nach einem solchen Meister sind. Nach einem, der verlässlich sagen kann, was gut und richtig und wichtig ist. Nach einer Instanz, die die Zusammenhänge einer komplizierter werdenden Welt und eines komplizierter werdenden Lebens kennt. Und der weiß, wie das alles gut ausgehen kann.
Fragen statt Antworten
Für manche ist der Dalai Lama ein solcher Mensch. Für andere womöglich der Papst. Doch gerade Franziskus zeichnet aus, dass er nicht mit fertigen Antworten kommt, sondern seinerseits Fragen stellt oder zu neuen Fragen herausfordert: Wie wollen wir in der Kirche auf die Lebenssituationen der Menschen eingehen, damit jeder bei uns zu Hause ist? Oder: Wie wollen wir das Vaterunser so beten, dass wir es mit Herz und Verstand beten können?
„Kommt alle zu mir“, sagt Jesus. „Lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. Denn meine Last ist leicht.“ Das ist die weise Empfehlung des Meisters. Eine Lektion fürs Leben. Eine echte Bereicherung. Lernen! Das ist absolut erlaubt in der Fastenzeit.