„Flickwerk ohne Fundament im Evangelium“

Kardinal Müller sieht „Umschichten“ von Priestern skeptisch

Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller sieht den Einsatz ausländischer Priester in der Seelsorge kritisch. Dadurch werde keine grundsätzliche Lösung geschaffen.

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Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller sieht den Einsatz ausländischer Priester in der Seelsorge kritisch. In einem am Donnerstag (15.09.2016) auf Deutsch erschienenen Interview-Buch spricht der Präfekt der Glaubenskongregation von „Notlösungen, zum Beispiel wenn man einfach Berufungen von einem Kontinent zum anderen oder von einer Gemeinschaft zur anderen 'umschichtet'“. Dies sei oft nur „Flickwerk ohne Fundament im Evangelium“ und keine grundsätzliche Lösung.

Auch der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, hatte jüngst kritisiert, dass derzeit die einzige Antwort der Kirche auf den Priestermangel die Zusammenlegung von Pfarreien und der Einsatz ausländischer Priester sei. Das sei auf Dauer keine Lösung für den Priestermangel in Deutschland.

 

Müller beklagt Mittelmäßigkeit des kirchlichen Lebens

 

Bezüglich der Möglichkeiten, was gegen den Mangel von geistlichem Nachwuchs getan werden könne, gehen die Ansichten von Sternberg und Müller allerdings auseinander. Der ZdK-Präsident plädierte dafür, gute und engagierte verheiratete Diakone, sogenannte „Viri probati“ (bewährte Männer), zu Priestern zu weihen. Der Kardinal ist gegen solche Lösungen, weil dies seiner Ansicht nach mit dem Ende des Zölibats einherginge.

Müller zeigt sich davon überzeugt, „dass wir alle einen tiefen Prozess innerlicher Bekehrung durchmachen müssen“. Es gehe darum, sich geistig zu erneuern, um vorbehaltlos an Gott festzuhalten. Das gegenwärtige Problem liege in der Mittelmäßigkeit des kirchlichen Lebens, nicht im Mangel an Berufungen für bestimmte Ämter. „Wir können solche enormen Schwierigkeiten nicht mit Kompromiss- oder Minimallösungen bewältigen“, sagt der Kardinal.

Das Interview-Buch erschien Anfang des Jahres in spanischer Sprache. Die Fragen stellte der Ordensmann Carlos Granados (42), Professor für Altes Testament an der kirchlichen Universität San Damaso in Madrid.

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