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Groß ist die Versuchung, den Karfreitag nur als Zwischenschritt Richtung Ostern zu sehen. Das aber wird dem Tag nicht gerecht, meint unser Redakteur Jens Joest.
Karfreitag. Ein Mann, von dem jene, die ihn getroffen haben, nur Gutes berichten, wird zum Tod verurteilt – unschuldig. Und brutal hingerichtet. Schon die Vorstellung, Nägel durch Hände und Füße geschlagen zu bekommen, ist unerträglich. Und dann hängt der Verurteilte am Kreuz – stundenlang, von seinem eigenen Gewicht herabgezogen.
Unerträglich – aber nehmen die Glaubenden heute das überhaupt noch wahr? Denn die Hinrichtung des Jesus von Nazaret ist wahr.
Nur ein Zwischenschritt?
Groß ist die Versuchung, diese Etappe des Erlösungswerks zu übergehen, rasch an Ostern zu denken. Musste Jesus nicht sterben, ehe er auferweckt werden konnte? Doch. Aber es wird dem Karfreitag nicht gerecht, ihn nur als Zwischenschritt zu sehen.
Denn das Unerträgliche des Leidens Jesu hat selbst eine Wirkung. Auch für eine heutige Welt voller schier unerträglichem Leiden.
Das Leid von heute
Dem Leiden der Menschen in den Kriegsgebieten der Erde – in der Ukraine, immer noch in Syrien und an so vielen Orten, die wir kaum beachten.
Dem Leiden der Menschen in der Corona-Pandemie. In Weltregionen, wo bisher nur Bruchteile der Bevölkerung geimpft werden konnten. Auch in Deutschland, wo nicht alle Infizierten glimpflich davonkommen. Wo Erkrankte vielleicht nicht hätten sterben müssen, hätten sie sich impfen lassen – oder wären jene geimpft gewesen, die sie angesteckt haben.
Dem Leiden der Menschen unter den Folgen des Klimawandels. Unter den Dürren, Missernten und Hungerkrisen weltweit. Oder unter den Folgen der Flut in Westdeutschland im vergangenen Sommer, wo manche Menschen ihr Leben retten konnten – und sonst nichts mehr.
Der Trost des Karfreitags
Unerträglich, sich dieses Leid vor Augen zu führen. Und doch kann vom Karfreitag Trost kommen.
Jesus hat selbst unermesslich gelitten – die höchste Form des Mitleidens mit den Leidenden. Darin steckt die Zusage: Gott hat die tiefsten Tiefen des Leids erlebt; er ist den Menschen auch in diesen Momenten nahe. Das kann den Glaubenden ein Trost sein, der nicht schon voreilig die österliche Erlösung vorwegnimmt.
Um aber diesen Trost zu ergründen, hilft es, zuvor zum Karfreitag bereit zu sein. Dazu, das Unerträgliche anzuerkennen und mit Jesu Hilfe ertragen zu wollen.