Frauen im Bistum Münster und in NRW fordern staatliche Aufklärung

KFD bezweifelt Vollständigkeit der Missbrauchs-Gutachten

  • Die Katholische Frauengemeinschaft (KFD) bezweifelt, dass die Missbrauchs-Gutachten in den Bistümern vollständig sind.
  • Das geht aus einer Stellungnahme der fünf Diözesanverbände in Nordrhein-Westfalen hervor.
  • Münsters KFD-Vorsitzende Jutta Lutterbey hofft, dass Bischof Felix Genn "auch tut, was er gesagt hat".

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Die Katholische Frauengemeinschaft (KFD) in Nordrhein-Westfalen bezweifelt, dass die Missbrauchs-Gutachten in den Bistümern vollständig sind. Das geht aus einer gemeinsamen Erklärung der KFD-Diözesanverbände Aachen, Essen, Köln, Münster und Paderborn hervor.

Zudem gebe es keine gemeinsamen Standards für derartige Untersuchungen: "Ob Betroffene einbezogen werden, welche Disziplinen beteiligt sind, entscheidet der jeweilige Diözesanbischof", beklagt Jutta Lutterbey, Vorstandsvorsitzende der KFD im Bistum Münster, laut der Mitteilung.

Fünf Bistümer, fünf Gutachten

Alle fünf NRW-Bistümer haben in den letzten Jahren Gutachten über den Umgang der Diözesanleitungen mit Missbrauch und den davon Betroffenen erstellen lassen. Drei Bistümer beauftragten unabhängige Experten von Universitäten, in Aachen und Köln waren Anwaltskanzleien damit befasst. Sämtliche Ergebnisse sind inzwischen veröffentlicht. Für das Bistum Münster stellte im Juni 2022 ein Forscherteam der Universität Münster um den Historiker Thomas Großbölting seine Erkenntnisse vor.

Münsters Bischof Felix Genn hatte im Anschluss ein Paket von Maßnahmen als Konsequenz auf den Weg gebracht. Bei einer Tagung zum Jahrestag der Studien-Vorstellung betonte er, er wolle sich seiner Verantwortung im notwendigen Prozess der Aufarbeitung nicht entziehen und setze auf die Zusammenarbeit mit den Betroffenen-Gruppen. „Betroffene müssen konkret erfahren, dass es keine hohle Phrase ist, wenn ich versichere: Betroffene haben neben dem Anspruch auf eine unabhängige Aufarbeitung vor allem einen Anspruch auf ein verändertes Verhalten kirchlicher Verantwortungsträger“, sagte Genn.

Lutterbey: Nehme Genn beim Wort

Auf Nachfrage von "Kirche-und-Leben.de" betonte die Münsteraner KFD-Vorsitzende Lutterbey nun, sie nehme den Bischof beim Wort: "Ich hoffe sehr, dass er seine Macht nutzt, dass er das auch tut, und es nicht nur so sagt, weil seine Amtszeit in zwei Jahren endet." Es sei "soviel Elend mit Missbrauch verbunden", sagte sie. "Beim Lesen des Gutachten bleibt einem die Luft weg." Daher sei es "ganz wichtig, dass aufgeklärt wird und die Opfer Untersütztung bekommen".

Überdies hätte sie es begrüßt, wenn alle Bistümer gemeinsam ein Gutachten in Auftrag gegeben hätten, erklärte Lutterbey. Nur neun von 27 Bistümern haben nach KFD-Angaben bislang Untersuchungen veröffentlicht. Es vergehe zu viel Zeit, bis die Taten ans Licht kämen, so die Frauenverbände. "Das Ergebnis: Die Straftaten sind verjährt, Akten nicht mehr auffindbar, Beweise vernichtet". Die Aufklärung sei "voller Versäumnisse".

KFD: Staat muss aufklären

Zudem blieben die Untersuchungen meist ohne Folgen für die Verantwortlichen, heißt es in der Mitteilung: "Das Entsetzen ist jedes Mal groß, die Verantwortlichen sind in den meisten Fällen verstorben, die anderen arbeiten in den meisten Fällen einfach weiter in ihren Funktionen."

Daher fordert die KFD eine von staatlicher Seite eingesetzte, unabhängige Aufklärungskommission in Nordrhein-Westfalen. Damit diese auch Akteneinsicht nehmen kann, seien entsprechende gesetzliche Regelungen nötig. Zur Wahrung von Menschen- und Grundrechten müsse der Staat "auch gegenüber den Kirchen eine aktivere Rolle einnehmen".

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