Kein Sterbesakrament, sondern Zeichen der Stärkung und Ermutigung

Krankensalbung half ihm durch Chemo-Therapie

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Bei der Krankenhausaufnahme hatte Walter Müller auf dem Formular angekreuzt, dass er sich seelsorgliche Betreuung wünscht. An eine Krankensalbung hatte der ehemalige Unternehmer aus Oldenburg damals noch nicht gedacht. Das kam später und wurde für ihn ein wichtiger Schritt, den er jedem in so einer Situation empfiehlt.

Es war eine harte Zeit und eine lange Zeit. Walter Müller hat sie durchgestanden. Zuerst im letzten Frühjahr die Diagnose: Krebs. Nur ein paar Jahre nach einer schweren Herzerkrankung der nächste Tiefschlag. Unzählige Untersuchungen, Termine, Infusionen. Und immer wieder das Warten auf Befunde und Ergebnisse und die Hoffnung, das Ganze doch zu überstehen. In seinem Fall mit Hilfe einer Hochdosis-Chemotherapie. Für die waren im vergangenen Herbst drei weitere Krankenhaus-Aufenthalte nötig. Mit Stammzellenentnahme, einer vorbereitenden Chemo und dann mit der eigentlichen Behandlung.

Heute lächelt er. „Bisher ist alles gutgegangen.“ Auch Monate danach zeigt die Formkurve des Oldenburgers weiter nach oben. Er sitzt auch wieder regelmäßig auf dem Rad. Die Therapien im städtischen Klinikum haben scheinbar angeschlagen. „Aber die Behandlungen waren nicht alles“, sagt der 72-Jährige. Er ist überzeugt: „Wenn ich meinen festen katholischen Glauben und die Kirchenbesuche nicht gehabt hätte, dann hätte ich das alles so nicht überstanden.“ Seinen Glauben, die intensiven Gespräche mit der Krankenhaus-Seelsorgerin und auch - die Krankensalbung.

 

Früher war er Taxi- und Busunternehmern

 

Bei der Aufnahme hatte er im auf dem Formular mit einem Häkchen das Kästchen angekreuzt: „Ich wünsche während meines Aufenthaltes seelsorgliche Betreuung.“ Das stand für den Mann fest, dem Glauben und Kirche schon immer sehr viel bedeuten. Seit 30 Jahren fährt er vor Ostern immer für zwei Wochen in Kloster nach Maria Laach. Still, für sich alleine. Und wenn der frühere Taxi- und Busunternehmer auf einer Tour mit einer Reisegruppe irgendwo ankam, führte ihn sein Weg fast immer auch in die nächste Kirche. So traf sich Walter Müller während seiner Krankenhaus- und Reha-Aufenthalte regelmäßig mit Michaela Voorwold in der Krankenhaus-Kapelle.

Die Treffen waren während all seiner Klinik- und Reha-Aufenthalte wichtige Termine für ihn. „Wir haben immer sehr ausführlich über Gott und die Welt gesprochen, miteinander gebetet, Fürbitten formuliert, gesungen. Wir haben gesprochen, was in der Woche so war, an wen ich heute denke. Und das hat sie dann immer in eine kleine Andacht eingebracht.“ Jeweils zum Abschluss erhielt er die Krankenkommunion. „Das war mir stets eine äußerst hilfreiche und sehr eindrucksvolle Stütze“, sagt Walter Müller.

 

Offene und ehrliche Gespräche

 

Die Gespräche sind offen und ehrlich, besonders vor der Hochdosis-Chemotherapie im September. Ganz unverblümt hatte ein Krankenpfleger ihn am Aufnahmetag mit seiner Situation konfrontiert: „Hat man Ihnen auch gesagt, dass Sie durch die Therapie auch versterben können?“ Nach diesem Erlebnis suchte Walter Müller erst einmal die Klinikkapelle auf und sagte sich: „Sterben will ich noch nicht.“ Dennoch fragt er Michaela Voorwold irgendwann: „Machen Sie eigentlich auch Beerdigungen?“

Ein paar Jahren zuvor hatte es schon einmal schlecht um sein Herz gestanden. Wie schlecht, das wurde ihm erst hinterher richtig klar. Als ein Arzt zu ihm sagte: „Da haben Sie aber  einen Höllenritt hinter sich. Daran hätten Sie sterben können.“ Ein anderer meinte: „Seien Sie froh. Wenn sie vor einigen Jahren gelebt hätte, hätte man Ihnen nicht helfen können. Dann wären Sie jetzt tot.“ Bei diesen Worten habe es ihn richtig durchzuckt, sagt er im Rückblick.

 

Die Wartezeit bis zur Hochdosis-Therapie war schwer

 

Auch die Monate bis zur Hochdosis-Therapie forderten ihn heraus. Wolfgang Müller nickt. „Das kann man so sagen.“ Für ihn steht fest, dass es die seelsorglichen Gespräche waren, die ihm neben der medizinischen Therapie am meisten geholfen haben. „Gerade, weil zwischen der Nachricht: ,Sie haben den und den Krebs, aber man kann ihnen helfen‘ und der eigentlichen Therapie viel Zeit vergehen kann. Viele Gespräche, viele Termine. Und da ist es gut, eine Stütze zu haben.“

In dieser Phase war ihm auch der Gedanke mit der Krankensalbung gekommen. „Wie ist das eigentlich damit?“ fragte er Michaela Voorwold. „Die bekommt man doch heute nicht erst, wenn man im Sterben liegt?“ In Gesprächen erfuhr er dann, dass dieses Sakrament schon lange nicht mehr als „Sterbesakrament“ oder „letzte Ölung“ verstanden wird. Sondern als Sakrament der Stärkung und Ermutigung, das man durchaus auch mehrmals empfangen kann. Gerne möchte er, dass das viel mehr Menschen erfahren. Walter Müller ist überzeugt: „Das weiß keiner.“ Er jedenfalls empfehle jedem, dieses Angebot wahrzunehmen.

 

Von der Krankensalbung fühlt er sich gestärkt

 

Michael Heyer, Pfarrer am Oldenburger Forum St. Peter, hatte ihm das Sakrament gespendet, in einer Feier, die auch Michaela Voorwold mit vorbereitet hatte. Immer noch denkt Walter Müller gerne daran zurück. Seine Frau war auch dabei. „Es war sehr eindrucksvoll. Sehr gestärkt und beruhigt konnte ich die letzten drei Krankenhausaufenthalte angehen.“

Der letzte davon bedeutete dann die wohl größte Herausforderung: elf Tage Isolation, in denen er sein Krankenzimmer nicht verlassen durfte. „Das war Horror. Das kann sich kein Mensch vorstellen“.  Michaela Voorwold als Seelsorgerin durfte aber noch zu ihm. „Da fand unsere kleine Andacht dann in meinem Krankenzimmer statt.“

 

Auf seinem Schreibtisch kleben zwei Zettel

 

Monate nach der Therapie geht es ihm deutlich besser. Was hat sich alles verändert? Zum Beispiel, dass er mittlerweile auch wieder auf sein Pedelec steigt. Damit hat Walter Müller in den vergangenen etwas mehr als zwei Jahren rund 10.000 Kilometer zurückgelegt. Aber er spürt noch etwas: „Ich wurde wertschätzender und dankbarer meinem Leben gegenüber.“
Auf seinem Schreibtisch kleben zwei Zettel: Auf dem einen steht: „Es gibt nur einen Weg, und der geht nach vorne.“ Auf dem anderen: „Wenn es mal eine Durststrecke zu bewältigen gibt, wünsche ich Dir Ausdauer und einen guten Freund an der Seite.“

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