Vorbilder für die Anti-AfD-Aktion heute auf Münsters Prinzipalmarkt

Licht aus, Glocken an – Kirchenprotest gegen Rechts

Heute Abend gehen auf Münsters Prinzipalmarkt die Lichter aus. Ein Zeichen der Kaufmannschaft gegen den Kurs der AfD. Düster wurden auch schon Kathedralen als Zeichen gegen Rechtspopulismus. Und manchmal blieb es nicht dabei.

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Wenn heute Abend Münsters „gute Stube“ dunkel wird, um ein Zeichen gegen den Kurs der AfD zu setzen, dann knüpfen die Kaufleute des Prinzipalmarkts an eine bewährte Tradition an. Nicht zuletzt Kirchen setzten in jüngster Zeit klare Signale gegen Rechtspopulismus, Islamfeindlichkeit und Nationalismus.

Zappenduster war es, als der damalige Dompropst Norbert Feldhoff im Januar 2015 die Strahler auf eines der international bekanntesten Wahrzeichen Deutschlands ausknipste: die des Kölner Doms. Das Ergebnis der Aktion: Ein Demonstrationszug von „Pegida“ verlief sich im Dunkeln – er wurde abgesagt. Es war eine der ersten kirchlichen Aktionen gegen die rechtspopulistische und islamfeindliche Bewegung in Deutschland. „Die Hohe Domkirche möchte keine Kulisse für diese Demonstration bieten“, erklärte Feldhoff damals.

 

Dunkle Kirchen auch in Ostdeutschland

 

Unter dem Motto „Licht aus für Rassisten“ übernahm Kölns Kathedrale das Beispiel der Semperoper in Dresden, wo wenige Tage zuvor ebenfalls die Beleuchtung abgeschaltet worden war – aus Protest gegen ein „Weihnachtssingen“ von rund 17.500 Pegida-Anhängen vor dem Opernhaus.

Die Idee griff nicht nur der Kölner Dompropst auf. In Bautzen blieben wenige Tage später die Kirchenbeleuchtungen wegen einer Veranstaltung der Partei „Die Rechte“ abgeschaltet.  Dasselbe geschah in Schwerin, als der lokale Pegida-Ableger „Mvgida“ demonstrierte. Die NPD-Fraktion ließ damals demonstrativ die Lichter in ihren Räumen angeschaltet. Und auch der Domberg in Erfurt mit seiner imposanten Kathedrale und der Severi-Kirche blieb dunkel, als im Oktober 2015 eine Veranstaltung der AfD zu ihren Füßen stattfand.

 

Lichter an in Münster

 

In Münster ging im Januar 2015 die mit 10.000 Teilnehmern bundesweit größte Demonstration gegen Pegida auf die Straße. Der St.-Paulus-Dom ließ allerdings die Beleuchtung an – nicht zuletzt, weil die Bühne der Gegendemo direkt an der Kathedrale stand. Damals sprach auch Münsters katholischer Stadtdechant Jörg Hagemann und bei einer Folgeveranstaltung der zuständige Weihbischof Stefan Zekorn. Während anderswo die Lichter ausgeschaltet wurden, entzündeten tausende Menschen auf dem Domplatz Kerzen als Zeichen des friedlichen Protestes.

 

„Don Camillo von Miltenberg“

 

Ein anderer Weihbischof aus dem Bistum Münster machte schon 2006 von sich reden. Allerdings weniger optisch als akustisch. Der aus Ahaus-Alstätte (Kreis Borken) stammende Pfarrer Ulrich Boom läutete nämlich alle sechs Glocken, als Neonazis durchs Zentrum der nordbayerischen Stadt Miltenberg marschierten. Das Glockenkonzert läutete die Hetzparolen einfach nieder, die Demonstration löste sich auf. Seitdem nannte man Boom – was ihm nicht gefällt – auch „Don Camillo von Miltenberg“. Zwei Jahre später wurde er Weihbischof im Bistum Würzburg.

Im September 2013 schaltete der Dompropst von Regensburg persönlich die Glocken der Kathedrale an. Gleich 30 Minuten ließ Wilhelm Gegenfurtner sie läuten – gegen Mitglieder und Sympathisanten der NPD auf dem Domplatz.

 

Protestgeläut in NRW

 

Und auch in Nordrhein-Westfalen warf ein Priester das Geläut an: Der Pfarrer der St.-Mauritius-Kirche in Meerbusch-Büderich begann zur besten Angelus-Zeit um 18 Uhr, während eine Versammlung gegen die Überfremdung der Gesellschaft demonstrieren wollte. Ein NPD-Funktionär stellte Strafanzeige gegen den Geistlichen – wegen Störung einer Versammlung. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft nahm die Ermittlungen erst gar nicht auf.

Ein weiterer Fall ereignete sich erst vor wenigen Wochen in Dortmund. Dort besetzten einige Neonazis den Turm der evangelischen Stadtkirche St. Reinoldi. Sie entrollten Plakate, brüllten rechtsextreme und islamfeindliche Parolen herab und entzündeten Leuchtfeuer. Die Pfarrerin warf einfach die sechs Glocken an. Den Neonazis dürften die Ohren geklingelt haben, während man unten nichts mehr von ihrem Gegröle verstehen konnte. Sie wurden von der Polizei abgeführt.

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