Kritik an "geschönter" Pressemitteilung

Misstrauensbekundungen in Woelkis zentralem Beratergremium

  • Neue Auseinandersetzung um "geschönte" Pressemitteilung im Erzbistum Köln.
  • Vereinbart wurde den Angaben zufolge, für die nächste Sitzung im September einen externen Moderator für eine Konfliktbearbeitung hinzuziehen.
  • Als "großen Fehler" bezeichnete Kardinal Woelki vor dem Diözesanrat indes die Beförderung des Pfarrers D. 2017.

 

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Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki steht weiterhin unter massivem Druck: Bei der Sitzung seines höchsten Beratungsgremiums am Wochenende äußerte ein Großteil der Delegierten, dass ihr Vertrauen in den Erzbischof erschüttert sei, wie es aus Teilnehmerkreisen hieß. Woelki habe vor dem Diözesanpastoralrat darauf hingewiesen, dass er sich das Amt nicht selbst ausgesucht und der Papst ihn berufen habe. Nur dieser könne ihn auch abberufen.

Vereinbart wurde den Angaben zufolge, für die nächste Sitzung im September einen externen Moderator für eine Konfliktbearbeitung hinzuziehen. Zu den 75 Mitgliedern des Diözesanpastoralrats gehören neben den Führungskräften der Erzdiözese Vertreter der Priester, Diakone, Orden und pastoralen Mitarbeiter sowie zehn Laien aus dem Diözesanrat.

 

Vertrauensfrage

 

Laut einer Mitteilung des Erzbistums über die Sitzung am Freitag und Samstag in Bergisch Gladbach gab es eine "kontroverse und faire Aussprache" über die aktuelle Krise. Im Erzbistum Köln wird seit mehr als einem Jahr um die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen gerungen. Nach einer Beratung in Kleingruppen habe es eine "emotionale Darstellung der Gruppenergebnisse" gegeben. Die Themen reichten "bis hin zur Vertrauensfrage in Richtung der Bistumsleitung".

Der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken bezeichnete als Teilnehmer die Pressemitteilung des Erzbistums am Sonntag auf dem Kölner Portal domradio.de als geschönt. Sie entspreche nicht dem verabredeten Entwurf. Der Satz, die Beratungen seien zunehmend themenorientiert und zielorientiert verlaufen, entspreche keinesfalls der Wirklichkeit. Am Morgen des zweiten Sitzungstags sei es "wirklich zu einer Art explosiven Stimmung" gekommen, nachdem der Diözesanratsvorsitzende Tim Kurzbach eine Diskussion über Nebensächlichkeiten statt über eine tief gehende Krise kritisiert hatte. Danach sei die Tagesordnung verändert und das nächste Treffen als Krisensitzung mit einem externen Moderator vereinbart worden.

 

Mitarbeiter weisen immer wieder auf Kirchenaustritte hin

 

Schon zu Beginn war laut Picken von Pfarrerkonferenzen die Rede, die mehrheitlich eine Zusammenarbeit mit dem Bischof in Frage stellten. Pastoral- und Gemeindereferenten brachten vor, dass Kollegen oder Kolleginnen ihrer Tätigkeit beendet hätten oder darüber nachdächten. Andere hätten über Gremien in Gemeinden, auf Dekanatsebene oder in Verbänden berichtet, die sich distanzierten. Immer wieder sei auf die erschütternden Zahlen der Kirchenaustritte hingewiesen worden. Der Vertrauensfrage sei schon am ersten Abend der Spitzname "der weiße Elefant" gegeben worden; dieser sei dann bis zum Schluss durch den Tagungsraum gelaufen, so Picken.

Zum Auftakt der Sitzung hatte Woelki dazu aufgerufen, angesichts der konträren Positionen und Spannungen "in kleinen Schritten" aufeinander zuzugehen". Unterdessen verteidigte der Kardinal am Sonntag auf domradio.de seinen Kurs der Missbrauchsaufarbeitung. Die von ihm geforderte moralische Verantwortung übernehme er, "indem ich versuche, vergangenes Unrecht wieder gut zu machen".

 

Woelki: Beförderung von Pfarrer D. ein "großen Fehler"

 

Als "großen Fehler" bezeichnete er vor dem Diözesanrat indes die Beförderung des Pfarrers D. 2017. Dieser hatte vor 20 Jahren sexuellen Kontakt zu einem 17-jährigen Prostituierten. Bislang hatten Woelki und sein Generalvikar Markus Hofmann die Personalentscheidung mit der Begründung verteidigt, es habe sich um einen einmaligen und bereuten Vorfall gehandelt, der überdies wegen des damaligen Schutzalters nicht strafbar gewesen sei. Diese Argumentation sorgte für große Empörung.

Laut Picken ist jetzt abzuwarten, wie der Papst nach der Visitation des Erzbistums durch zwei Bischöfe die Lage bewertet und ob es zur Sitzung im September kommt. Die päpstlichen Prüfer, die ihre Visitation nach gut einer Woche am Dienstag beendete hatten, lassen Franziskus einen Bericht zukommen. Der Papst entscheidet dann, wie er reagiert und wann.

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