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In der Diskussion um Verantwortlichkeiten für den Einsatz eines wegen sexuellen Missbrauchs verurteilten Priesters A. sieht das Bistum Münster die Verantwortung und Federführung für die Aufarbeitung und Kommunikation im Erzbistum Köln. Der betreffende Geistliche der Erzdiözese war von 1973 bis 1988 auch im Bistum Münster tätig, zudem später im Bistum Essen.
Zugleich spricht sich das Münster für die "unmittelbare Veröffentlichung" eines Gutachtens der Kanzlei Westphal Spilker Wastl zu dem Fall aus. Dafür habe das Bistum 2019 zwar sämtliche ihr vorliegende Unterlagen zur Aufarbeitung nach Köln übergeben, bislang aber keine Kenntnis über endgültige Feststellungen der Kanzlei erhalten. Das geht aus einer Stellungnahme hervor, die das Bistum Münster heute nach einem Bericht in der "Zeit/Christ und Welt" (19. November) zu dem Thema veröffentlicht hat.
Münster: Köln informiert falsch
Ausdrücklich weist das Bistum die Information auf der Homepage des Erzbistums Köln zurück, auch Münster beantworte Fragen zu dem Fall: "Im Jahr 2019 war zwischen den Bistümern Essen, Köln und Münster vereinbart worden, dass ausschließlich das Erzbistum Köln in der Angelegenheit Auskünfte gibt, da der Priester nach wie vor dort inkardiniert ist, also Priester des Erzbistums war und ist." Sämtliche Unterlagen aus dem Bistum Münster zu dem Fall seien 2019 an das Erzbistum Köln "für die dort in Auftrag gegebene Aufarbeitung übermittelt worden", heißt es in der Stellungnahme aus Münster.
Diese Unterlagen seien eingeflossen in ein Sondergutachten der Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl zum Fall von Priester A., das federführend vom Erzbistum Köln gemeinsam mit den Bistümern Essen und Münster in Auftrag gegeben worden sei. Dem Bistum Münster liege bis heute lediglich eine Ausarbeitung der Kanzlei vom 1. August 2019 vor, die auch Gegenstand von Beratungen der Bistümer gewesen ist. "Bis heute ist das Bistum Münster über mögliche weitere Erkenntnisse in der Angelegenheit des Pfarrers A. zu keinem Zeitpunkt informiert worden", heißt es in der Stellungnahme.
Bistum Münster: Verantwortliche wurden benannt
Unmittelbar nachdem das Erzbistum Köln im November 2019 öffentlich über den Fall informiert hatte, sei das Bistum Münster seinerseits an die Öffentlichkeit gegangen. Dazu habe es mehrere Veranstaltungen in den Pfarreien gegeben, in denen Priester A. während seiner Zeit im Bistum Münster tätig war, näherhin in Westerkappeln, Recklinghausen und Moers.
Dabei hätten verschiedene Bistumsverantwortliche Rede und Antwort gestanden. Auch hätten sie Namen der seinerzeit Verantwortlichen genannt und Schuld und Verfehlungen eingeräumt.
Bischof Genns Verantwortung in Essen
Mit Blick auf die Frage nach der Rolle von Felix Genn während seiner Zeit als Bischof von Essen, die der besagte Artikel in "Zeit/Christ und Welt" aufwirft, erinnert das Bistum Münster heute an eine Stellungnahme Genns vom November 2019. Damals hatte der Bischof es einen "verheerenden Fehler" genannt, dass A. im Bistum Essen tätig werden konnte. Ihn habe im Rückblick die damals fehlende Einsicht erschreckt, dass ein solcher Priester grundsätzlich nicht mehr seelsorglich eingesetzt werden darf.
"Heute frage ich mich: Warum habe ich diesen Fall in all den Jahren in Essen nicht wahrgenommen?", zitiert das Bistum die Stellungnahme Genns von 2019. Auf diese Frage habe er keine einfachen Antworten, hatte er damals gesagt. "Ich weiß nur, dass ich als Bischof von Essen damals Verantwortung trug und deshalb alle um Entschuldigung bitte, die sich jetzt hintergangen oder betrogen fühlen." Insbesondere gelte diese Bitte jenen, die der Priester A. missbraucht hat.