Rauchwolken über dem Hauptschiff

Pariser Kathedrale Notre-Dame in Flammen

Die Pariser Kathedrale Notre-Dame stand am Montagabend in Flammen. Der Vierungsturm stürzte ein. Brandursache könnten Renovierungsarbeiten gewesen sein.

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In der weltberühmten Kathedrale Notre-Dame in Paris ist am Montagabend ein Feuer ausgebrochen. Flammen und meterhohe Rauchwolken standen über dem Hauptschiff der Kirche. Die Brandursache war zunächst unklar.

Die Zeitung „Le Figaro“ berichtete unter Berufung auf Feuerwehrleute, der Brand sei am frühen Abend im Dachstuhl ausgebrochen. Der 96 Meter hohe hölzerne Vierungsturm aus dem 13. Jahrhundert brannte aus und stürzte ein.

Chorgestühl und Hauptaltar wohl nicht zu retten

Rund um Chorgestühl und Hauptaltar, um das liturgische Herz der Kathedrale, brannte es lichterloh, nichts dort dürfte zu retten sein. Ein Feuerwehrsprecher sagte, man könne nicht garantieren, dass die Kirche als Ganze zu erhalten sei. Ob dies ein kontrolliertes Ausbrennen oder den Komplettverlust bis auf verkohlte Außenmauern bedeutet, war zunächst unklar. Wichtige Gemälde und Kunstgegenstände konnten gerettet werden.

Die Kathedrale wird derzeit für rund 60 Millionen Euro renoviert. Laut Feuerwehr könnte der Brand mit den Arbeiten zusammenhängen. In den Sozialen Netzwerken kursierten Videos, die zeigen, wie Flammen und Rauchwolken aus der Kathedrale schlagen. Dort sollte eigentlich die große Liturgie der Kar- und Ostertage gefeiert werden, beginnend mit der Chrisam-Messe am Mittwochabend, an dem Priester und Gläubige aus dem Erzbistum Paris in ihre Kathedrale kommen.

Orgel und Glocken bedroht

Das Feuer bedroht auch die große Orgel und die Glocken von Notre Dame. Mit 115 Registern gilt die Orgel aus der französischen Werkstatt Cavaillé-Coll als eine der bedeutendsten weltweit. Sie stammt in wesentlichen Teilen aus den Jahren 1863-1868.

Zu den großen Organisten von Notre Dame gehörten der Komponist Louis Vierne, der von 1900 bis 1937 Titularorganist der Kathedrale war und am Spieltisch der Orgel verstarb, und Pierre Cochereau (1954-1984), der sich nicht zuletzt als großer Improvisateur hervortat. Weltruhm genießen auch der derzeitige Titularorganist Olivier Latry, der seit 1985 im Amt ist und am 2. April 2005 im Dom in Münster konzertierte, sowie der jungen Künstler Vincent Dubois, seit 2016 als Organist in der Kathedrale tätig.

Auch das Geläut von Notre Dame genießt Weltruhm. Im nördlichen der beiden Haupttürme hängen acht, im Südturm zwei Glocken. Die älteste Glocke stammt aus dem Jahr 1685. Im Februar 2013 wurden neun neue Glocken gegossen, die am Vorabend von Palmsonntag 2013 vom damaligen Erzbischof Kardinal André Vingt-Trois gesegnet wurden. Die größte wiegt sechs Tonnen, die kleinste 780 Kilogramm. Die schwerste Glocke ist jene aus dem 17. Jahrhundert. Sie trägt den Namen „Emanuel“, wiegt knapp 13 Tonnen und erzeugt den Ton fis-null.

Macron: Gedanken bei allen Katholiken und Franzosen

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eilte an den Unglücksort. Er schrieb auf Twitter, seine Gedanken seien bei allen Katholiken und Franzosen. Er sei „traurig, diesen Teil von uns brennen zu sehen“. Macron verschob wegen des Brandes eine Fernsehansprache, in der er auf die politischen Proteste der „Gelbwesten“ reagieren wollte.

Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo sprach auf Twitter von einem „schrecklichen Feuer“. Sie rief dazu auf, den Sicherheitsbereich im Umfeld der Kathedrale einzuhalten.

Rostschäden in den Pfeilern

Zu den Renovierungsarbeiten hieß es zuletzt, Notre-Dame werde bis 2027 für 60 Millionen Euro renoviert. Statuen, Wände und Stützbögen haben stark gelitten; die Pfeilerstruktur weist Rostschäden auf. Zwei Drittel der Renovierungskosten übernehme der Staat, ein Drittel die Kirche. Von Touristen für die Besichtigung der Kirche Eintritt zu verlangen, sieht die Kirche nicht als Option an.

Immer wieder brechen bei Restaurierungsarbeiten schwere Brände aus, so etwa 2004 bei der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar. Von Brandstiftung sprach am Abend aber niemand.

Wiederholt Terrorwarnungen und Alarme

Dabei ist Notre-Dame in jüngerer Vergangenheit Ziel symbolträchtiger Übergriffe gewesen. So gab es nicht nur wiederholt Terrorwarnungen und Alarm durch Drohnenüberflüge. Gläubige klagten über Kopfschmerz und Schwindel, sodass eine Vergiftung des Weihwassers in Erwägung gezogen wurde.

Im Mai 2013 erschoss sich der rechtsextreme Theoretiker und Waffenkundler Dominique Venner demonstrativ vor dem Hauptaltar von Notre-Dame. In seinem Blog schrieb er: „Wir treten in eine Zeit ein, in der Worte durch Taten bekräftigt werden müssen“, um „die Bewusstlosen aufzuwecken“.

Merkel: Es tut weh, die schrecklichen Bilder zu sehen

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte am Abend: „Tieftraurig verfolge ich die Ereignisse in Paris. Es tut weh, die schrecklichen Bilder der brennenden Kathedrale Notre-Dame zu sehen.“ Notre-Dame sei „ein Symbol Frankreichs und unserer europäischen Kultur. Unsere Gedanken sind bei unseren französischen Freunden.“

Die frühgotische Kathedrale Notre-Dame wurde zwischen 1163 und 1345 erbaut. Sie liegt exponiert auf der „Île de la Cité“ in der Seine und wird jährlich von bis zu 14 Millionen Menschen besucht. Es ist die Kathedrale des Erzbistums Paris, die „Unserer lieben Frau“ (französisch „Notre Dame“) geweiht ist, also der Gottesmutter. Es handelt sich um eine der ältesten gotischen Kirchen in Frankreich. Die beiden Türme der Fassade erreichen 69 Meter Höhe. Victor Hugos Roman „Der Glöckner von Notre-Dame“ von 1831 machte das zu Beginn des 19. Jahrhunderts verfallene Gotteshaus zum Gegenstand romantischer Verklärung.