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Anna-Katharina Poppe kann nicht an der Kommunion teilnehmen. Sie leidet unter Zöliakie, kann keine Hostien essen. Vor acht Jahren bekam die heute 28-Jährige die Diagnose, ihr Körper vertrage das Klebeeiweiß Gluten nicht. Es ist in vielen Getreidesorten wie Weizen und Roggen enthalten. Und Hostien, die zum Leib Christi gewandelt werden, dürfen laut Kirchenrecht nur aus Weizenmehl bestehen.
Schon ein kleines Stück einer Hostie bereitet Poppe Probleme. „Wer schon einmal an Magen-Darm-Grippe erkrankt ist, kann sich in etwa vorstellen, wie sich das anfühlt“, erzählt sie. Die einzige Möglichkeit wären glutenfreie Hostien. „Aber die sind leider nach dem Kirchenrecht nicht gültig und dürfen nicht gewandelt werden“, so die angehende Pastoralreferentin. Auf dieses Verbot hat der Vatikan unlängst in einem Schreiben an die Bischöfe erneut hingewiesen.
Auch in Kevelaer werden spezielle Hostien gebacken
Doch für Zöliakiepatienten gibt es trotzdem die Möglichkeit, zur Kommunion zu gehen, sagt Sofia Beisel von der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft (DZG). So können Hostien mit weniger Gluten verwendet werden. Deren Glutenanteil liege unter 20 ppM (20 Milligramm pro Kilogramm).
Mittlerweile produzieren viele Betriebe wie die Gläserne Hostienbäckerei in Kevelaer diese Variante. „Die Hostien werden aus Weizenstärke hergestellt“, erklärt Inhaber Thomas Held. „Dem Weizenmehl wird der größte Teil des Glutens entzogen.“ Da der Glutenwert unter dem Grenzwert liegt, dürfen die Hostien laut EU-Recht als „glutenfrei“ verkauft werden.
Warum kein glutenfreier Weizen?
Poppe hilft auch das nicht. „Auch wenn von geringen Normwerten gesprochen wird, vertrage ich diese Hostien nicht gut.“ Ihr bleibt nur eine Möglichkeit: „Ich gehe selten bis gar nicht mehr zum Kommunionempfang und kommuniziere allein geistig.“ Das sorge häufig für Verwirrung, da sie im pastoralen Dienst arbeitet. „Es sind viele Gespräche nötig, um zu erklären, dass es gesundheitliche Gründe hat.“
Zwar gibt es mittlerweile Produkte aus Kartoffel- oder Maismehl – aber die sind nicht zulässig. „Ich habe mich immer gefragt, warum man keinen Urweizen oder Buchweizen für die Produktion von Hostien nimmt“, sagt Poppe. Diese glutenfreien Weizensorten seien zwar teurer. „Aber sie sorgen wenigstens nicht dafür, dass Menschen darunter leiden, wenn sie am Wichtigsten der christlichen Kirche, dem Leib Christi, teilhaben wollen.“
Ausweg Kelchkommunion
Manchmal macht Poppe von der Ausnahme Gebrauch, die der Vatikan Zöliakiepatienten bietet, die gar kein Gluten vertragen: Sie geht zur Kelchkommunion. „Theoretisch könnte ich auch öfter zur Kommunion gehen, aber ehrlich gesagt möchte ich nicht als die im Mittelpunkt stehen, die eine Extrawurst bekommt, weil für mich der Kelch geholt werden muss.“
In den vergangenen Jahren hat sich laut Poppe aber einiges getan. „Zu Beginn meiner Erkrankung war es sehr kompliziert, vor jedem Gottesdienst in einer neuen Kirche zu erklären, was ich habe und wie man damit umgeht.“ Die DZG macht ähnliche Erfahrungen. „Viele Priester versuchen, die Teilhabe an der Kommunion zu ermöglichen“, erzählt Beisel.
Glutenreduzierte Hostien in den meisten Fällen verträglich
Durch das neue Rundschreiben des Vatikans gebe es aber vermehrt Anrufe und Verunsicherung. Beisel weist Anrufer darauf hin, dass toxikologische Studien gezeigt hätten, dass glutenreduzierte Hostien für die meisten Betroffenen unbedenklich seien.
Für Poppe gilt das nicht. Prinzipiell verstehe sie die Reinheitsgebote. „Aber ich kann doch auch keinem Menschen mit einem Alkoholproblem nur ein kleines bisschen Alkohol in den Traubensaft mischen“, sagt sie. „Aber einem Menschen, der sich von innen auflöst, weil er das Gluten nicht verträgt, dem streue ich nur ein bisschen Weizen in den glutenfreien Teig?“