Stephan Orth zum Ad-Limina-Besuch der Bischofskonferenz in Rom

Schaut nicht nur auf den Papst und auf die Bischöfe!

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Alle Augen schauen auf den Papst, wenn es um Grundsatzfragen zur Zukunft der Kirche geht - die Bischöfe auch, erst jüngst beim Ad-Limina-Besuch der Deutschen Bischofskonferenz. Warum eigentlich, fragt Pastoralassistent Stephan Orth aus Duisburg-Walsum.

Man könnte meinen, die katholische Kirche in Deutschland sei in Bewegung. Nicht erst seit dem Synodalen Weg häufen sich die Themen: Woelki, Sexualmoral, Rolle der Frau, Priesterbild, Macht und Leitung. Quo vadis?

Es gibt Menschen, für die ist das bloße Diskutieren dieser Themen bereits der Verfall des katholischen Glaubens. Für viele andere ist es längst fünf vor zwölf. Ob nun Institution oder Inhalt: Man ist sich uneins – auch unter den Bischöfen.

Die Bischöfe sind nicht allein im Boot

Dabei verdeutlicht nicht zuletzt das „Klassentreffen“ („Der Spiegel“) der deutschen Bischöfe in Rom: Einigkeit besteht in der Blickrichtung. Alle Augen schauen auf den Papst. In welche Richtung lenkt er die Kirche?

Keine Frage: Der Papst und die Diözesanbischöfe sind große Entscheidungsträger. Aber: Sie sitzen nicht allein im Boot. Wohin führt eine Reise ohne Besatzung?

Warum schweigt ein Großteil der Gläubigen?

Die Geschicke der Kirche liegen nicht nur in den Händen der Bischöfe. Spätes­tens seit der Münsteraner Missbrauchsstudie ist auch klar: Nicht nur „die da oben“ haben Missbrauch begünstigt. Ein unerträgliches Schweigen, eine unerhörte Überhöhung fehlbarer Geistlicher – leider auch von Seiten der Basis.

Und heute? Nur ein unterer einstelliger Bereich der deutschen Katholiken hat sich durch Rückmeldungen am weltweiten synodalen Prozess beteiligt. Statt sich am Papst oder den Bischöfen abzuarbeiten, könnte man sich ebenso fragen: Warum schweigt ein Großteil?

Keine Glaubenskrise, sondern ein Bruch mit der Kirche

Der Autor
Stephan Orth ist Pastoralassistent in Duisburg-Walsum. Darüber hinaus unterrichtet er katholische Religion an einem Gymnasium in Dinslaken. Vor seiner Arbeit im Ruhrgebiet war Orth lange politisch aktiv.

Die einen erstarren, die anderen gehen. Es gibt Menschen, die schwadronieren nun von der großen Glaubenskrise. Wo bleibt da die eigene Verantwortung?

Ich sehe keine Abkehr vom himmlischen Gott, sondern einen Bruch mit der Kirche – mit weltlichen Formen und Traditionen. Und ja, auch die braucht es. Aber sie sind kein Selbstzweck. Wenn sie trennen, statt zu verbinden, verfehlen sie ihren Sinn.

Gesamtheit der Gläubigen kann „im Glauben nicht irren“

Das zweite Vaticanum attes­tiert der Gesamtheit aller Gläubigen eine Unfehlbarkeit, die „im Glauben nicht irren kann“ (LG 12). Mit Blick auf die Kirche gilt es also nicht nur auf den Papst oder die Bischöfe zu schauen, sondern auf den Glauben aller Getauften – auch den der stummen und scheinbar „abtrünnigen“.

Das kommt viel zu kurz. Dabei gibt jeder Christ dem Geist Gottes schon heute Hand und Fuß. Mit dieser Perspektive lässt sich mit­lenken. Worauf warten?

In unseren Gast-Kommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

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