Vize-Präsident des Synodalen Wegs über die Zukunft des Reformprojekts

Söding nach Ad-Limina-Besuch: Kirche bewegt sich, Rom hinkt hinterher

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Der Ad-Limina-Besuch der Deutschen Bischofskonferenz hat deutliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Vatikan und deutschen Bischöfen über den Synodalen Weg gezeigt. Was das für die Zukunft des Reformprojekts bedeutet, hat "Kirche-und-Leben.de" dessen Vize-Präsidenten Thomas Söding aus Münster gefragt. Er ist zudem Vize-Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

Herr Söding, beim Gespräch der Bischöfe gestern mit römischen Kurien-Chefs wurde seitens des Vatikans eine Unterbrechung des Synodalen Wegs thematisiert - und konnte dann doch noch verhindert werden. Wie alarmiert sind Sie?

In der römischen Kurie gibt es viele Vorbehalte. Sie haben sich nicht durchgesetzt. Das „Moratorium“ wäre der Versuch gewesen, den deutschen und den weltweiten Synodalen Weg gegeneinander auszuspielen. Dieser Versuch ist zum Scheitern verurteilt. Durch die Befragungen des Kirchenvolkes hat sich gezeigt: Die Probleme sind weltweit. Die Formen, in denen sie gelöst werden können, müssen dringend reformiert werden.

Die deutschen Bischöfe konnten in Rom über den Synodalen Weg sprechen, der ZdK-Teil des Präsidiums bis heute nicht. Wie weit geht Ihr Respekt vor vatikanischen Gepflogenheiten?

Stil und Form dieser Ad-Limina-Besuche sind aus der Zeit gefallen. Das Hauptproblem ist die Vorstellung, eine Ortskirche werde nur durch den Bischof, ein Land nur durch die Bischofskonferenz repräsentiert. Das ist keine synodale Kirche. Auf der europäischen Bühne und in den anderen Kontinenten läuft es schon besser als im Vatikan. Auch „Laien“, oft die wahren Experten, sind vertreten. Was früher Weltbischofssynode hieß, heißt jetzt Weltsynode. Die Richtung des Weges stimmt. Einigen passt sie nicht, manche sind zu langsam, die weitaus meisten wollen viel mehr.

Offenbar konnten römische Fundamental-Bedenken nicht zerstreut werden. Was soll der Synodale Weg jetzt noch bringen?

Die deutschen Bischöfe sind aber auch nicht eingeknickt. Die Reformimpulse kommen nicht aus der Zentrale. Sie kommen von der Peripherie. Der synodale Weltprozess bietet ein Instrument. Ich bin optimistisch. Der Weg geht weiter.

Wie stehen jetzt noch die Chancen für eine Reform des kirchlichen Arbeitsrechts, für eine kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit, für einen Synodalen Rat?

Es kommt zum Schwur. Das Arbeitsrecht steht auf der Tagesordnung des Ständigen Rates. Die Bischöfe sind in der Verantwortung. Sie haben in der Synodalversammlung der Änderung der „Grundordnung“ zugestimmt. Nun muss die Umsetzung folgen. Nicht der Blick in die Schlafzimmer, sondern der Blick auf die Arbeit ist entscheidend. Die Kirche muss für ihre Werte werben.

Überraschend ist der Bamberger Erzbischof Schick zurückgetreten, weil er die anstehenden Schritte in jüngere Hände legen will. Über weitere Rücktritte aus Kraftmangel wird spekuliert. Wie sehen Sie das - und rechnen Sie nach dieser Rom-Erfahrung mit weiteren Rücktritten mangels Reform-Unterstützung?

Erzbischof Schick hatte die Altersgrenze erreicht. Entscheidend ist, dass sich alle Bistümer rechtzeitig darauf vorbereiten, dass es eine starke, verlässliche, geordnete Beteiligung des ganzen Kirchenvolkes gibt. Auch in Münster. Die Konkordate werden genau eingehalten, das „Päpstliche Geheimnis“ wird streng gewahrt. Aber die Domkapitel verpflichten sich, die Beteiligung der Räte beim Vorschlag und bei der Wahl von Kandidaten zu garantieren. Sage niemand, das gehe nicht. Wir brauchen jetzt gute Beispiele. Münster kann eines liefern.

Dagegen hält Papst Franziskus weiter am umstrittenen Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki fest. Was heißt das?

Die Hängepartie ist unwürdig. Es braucht eine Entscheidung. Bischöfe, die nicht das Vertrauen der Gläubigen haben, können ihr Amt nicht ausüben. Die Gläubigen haben einen Anspruch auf einen guten Bischof.

Was sagen Sie engagierten Katholik:innen, die nach dem Rom-Besuch der Bischöfe zunehmend verzweifeln?

Die katholische Kirche bewegt sich, die römische Kurie hinkt hinterher. Eine Pilgerreise nach Rom ist großartig, Orientierung für den Glauben sollte man von den vatikanischen Behörden derzeit nicht zu viel erwarten. Entscheidend ist auf dem Platz: in den Gemeinden, den Verbänden, den Initiativen. Jetzt ist die Zeit für Bündnisse. Verzweiflung ist nicht angebracht, die Freiheit des Glaubens mehr denn je.

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