Indischer Priester ist KLJB-Landespräses

„Silva“ setzt auf oldenburgische Landjugend - und liebt die Natur

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Silvaraju Kativallu sieht großes religiöses Potenzial in der Jugend. Auch in den rund 4.000 KLJB-Mitgliedern im Offizialatsbezirk. Als oldenburgischer Landespräses will er nicht auf sie warten, sondern auf sie zugehen.

„Ich gehe auf die Menschen zu. Weil das einfach wichtig ist!“ Silvaraju Kativallu lächelt. „Man darf als Pfarrer nicht warten, bis sie zu einem kommen“, sagt er. „Das funktioniert heute nicht mehr.“

Schon in seinem ersten Einsatzort in Deutschland, in Holdorf, im Landkreis Vechta, einem Gemeindeteil der Pfarrei St. Johannes Steinfeld, hat er damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Auch in Steinfeld, Mühlen und Handorf-Langenberg, wo er tätig war, kam das gut an. Und auch in seiner neuen Stelle, in der St.-Josef-Gemeinde am Südrand der Stadt Oldenburg, setzt er auf offenes Zugehen. Auch wenn das in einer Stadt mit fast 170.000 Einwohnern anders sei als während seiner neun Jahre auf dem Dorf. „Dort musste ich nur aus dem Haus gehen. Und schon habe ich bekannte Gesichter gesehen.“ „Silva“, wie ihn alle seine Freunde nennen, nickt und strahlt.

„Silva“ liebt die Natur

Holdorf nennt der aus Indien stammende Priester „meine zweite Heimat“. Der perfekte Ort für seinen Start als Seelsorger in Deutschland. Vielleicht, weil er das Ländliche dort so mochte. „Ich liebe die Natur!“, schwärmt er. „Die Felder und Wälder, die Luft. Das alles habe ich immer genossen. Das war schon in Indien so“, sagt er.

Und dass es ihn an Lothkunta erinnert habe, seinen Geburtsort. An die Jahre, bevor er ins Internat und später mit seiner jüngsten Schwester ins Studium in die Millionen-Metropole Hyderabat ging. „Mit Trubel, Autos, Abgasen und all dem.“

Fast 550 Gäste kommen zum 40. Geburtstag

In Holdorf war das anders. Hier konnte er zum Beispiel seinen Traum von eigenen Hühnern verwirklichen. Rund 20 davon hielt er in seinem Garten. Es war ein bisschen wie früher in Indien. Seine Eltern – sie leben beide nicht mehr – waren zwar keine großen Bauern mit viel Land. Ein paar Tiere hielten sie aber doch. Die „Rentnerband“, ein Trupp von ehrenamtlichen Senioren aus der Pfarrei, der das Kirchengelände pflegt, hatte ihm einen Hühnerstall gebaut.

Die Tiere bekam er geschenkt. Von Menschen, die er nach und nach kennenlernte – weil er bewusst auf sie zugegangen war. Wie viele das mit der Zeit wurden, lässt am ehesten die Zahl der Gäste ahnen, die 2016 zu seinem 40. Geburtstag in den Holdorfer Pfarrgarten kamen: fast 550, die „Silva“ aus vielen Bereichen kannte und eingeladen hatte.

„Ich spreche die Menschen an“

Seine Nachbarn, die Kolpingsfamilie, oder die katholische Frauengemeinschaft ebenso wie seine Fußballkameraden aus der „4. Herren“ des Holdorfer Sportvereins, die Badminton-Gruppe, in der er mitspielte, oder die Männer der Freiwilligen Feuerwehr, in der er als Seelsorger aktiv war. Der Chor, in dem er mitsang oder die Theatergruppe aus dem Dorf, mit denen er auf der Bühne stand. Und auch die Katholische Landjugend und die Pfadfinder. Alle kamen, feierten zuerst die Heilige Messe miteinander – und ließen es sich anschließend bei der Geburtstagsfeier im Garten gutgehen.

„Ich spreche die Menschen an, wenn sie mir begegnen“, erklärt Silvaraju Kativallu. Und beschreibt damit auch, wie er seine Rolle in der Funktion versteht, die er seit dem 16. April in der Katholischen Landjugend-Bewegung (KLJB) innehat: An dem Tag wählte ihn die Landesversammlung auf dem BDKJ-Jugendhof zum neuen Präses für den Landesverband Oldenburg.

Die Jugend macht ihm Hoffnung

Er weiß, wie weit weg von der Kirche viele Jugendliche heute zu sein scheinen. Silvaraju Kativallu nickt. Aufgegeben hat er sie deshalb noch lange nicht. „Weil ich bei meinen Begegnungen erlebe, wie sehr sich viele immer noch einsetzen und wo überall sie Verantwortung übernehmen.“ Das gebe ihm Hoffnung, und er nimmt das als Chance: „Wenn die Jugendlichen nicht von sich aus zur Kirche kommen, dann müssen wir eben zu ihnen gehen!“

Mithelfen war für ihn nicht nur ein Wort. „Schon als Siebenjähriger habe ich zu Hause mit angepackt, habe das Haus geputzt und Reis gekocht, während meine Eltern schwer auf dem Feld arbeiteten und abends dann müde nach Hause kamen.“ Auch in der KLJB wolle er sich für Menschen einsetzen. Als Landjugend-Präses zum Beispiel als Berater und Impulsgeber für den Landesvorstand. Und auch als Ansprechpartner für die rund 60 KLJB-Ortsgruppen zwischen Oldenburg und Neuenkirchen.

Er feiert auch mit

Oder auch bei ganz praktischen Aktionen: etwa beim Binden einer Erntekrone oder der 72-Stunden-Aktion bis hin zu Projekten, die auf den ersten Blick vielleicht nicht direkt etwas mit Kirche und Glaube zu tun haben. Feiern gehöre auch dazu. Auch mal ein Gläschen Alkohol. „Aber natürlich in Maßen!“, betont Silvaraju Kativallu schmunzelnd. „Ich kenne meine Grenzen!“

Das alles sei wichtig und gehöre zur Seelsorge, wie er sie versteht. „Ich bin mit den jungen Leuten zusammen, komme mit ihnen ins Gespräch und kann nach und nach auch das einbringen, was mir als Priester wichtig ist“, sagt er.

Auch in der im Vergleich zu Holdorf „Großstadt“ Oldenburg. Einer Diaspora-Stadt, in der es vielleicht nicht ganz so einfach sei wie auf dem Dorf, Kontakte aufzubauen und zu pflegen. Wo er aber seinem Prinzip treu bleibt. Und beim Verein „Blau Weiß Bümmerstede“ auch wieder eine Fußballmannschaft gefunden hat, und neue Freunde.

Zur Person: Silvaraju Kativallu
Silvaraju Kativallu stammt gebürtig aus Lothkunta in Zentral-Indien und wuchs dort mit sechs Geschwistern auf. Er gehört keiner Ordensgemeinschaft an, sondern wurde 2004 zum Priester der Erzdiözese Hyderabad geweiht, war als Kaplan tätig, erwarb zwischendurch das Lizentiat in Kirchenrecht, und kam 2013 nach Deutschland. Seine erste Stelle, zunächst als „Priester der Weltkirche“ war die Steinfelder St.-Johannes-Pfarrei. Am 1. Januar 2022 wurde er „inkardiniert“, ist damit nun Priester des Bistums Münster. Im vergangenen April wählte ihn die Landesversammlung der oldenburgischen KLJB zu ihrem Landespräses.

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