Themenwoche „Wie klappt’s mit den Weltkirche-Priestern?“ (3)

Albersloh: Wo Westfalen und Inder Startschwierigkeiten überwunden haben

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Die Seelsorge in der Pfarrgemeinde St. Martinus und Ludgerus in Sendenhorst und Albersloh hat viele indische Momente. Westfalen und asiatische Priester haben Distanzen schon lange überwunden.

Seit mehr als 20 Jahren ist Albersloh so etwas wie eine indische Enklave im Münsterland. Zumindest im kirchlichen Leben: Ein Ort, an dem kontinuierlich Priester aus Indien im Einsatz waren und sind – auch in leitenden Funktionen. Zunächst in der Pfarrei St. Ludgerus als auch später in der mit Sendenhorst fusionierten Kirchengemeinde St. Martinus und Ludgerus. „Indisch geworden“ ist man dort vor allem durch den Einzug des Ordens der heiligen Theresia vom Kinde Jesu im Jahr 2001 – jener indischen Kongregation, die seitdem im umgebauten Pfarrhaus zuhause ist.

„Im Pfarrheim duftet es regelmäßig nach Curry“, sagt Pater Babu Kollamkudy. Der Pastor ist bereits seit 16 Jahren Leiter der dortigen Kongregation. „Meine Ordensbrüder sind regelmäßig für einen Tag hier zu Gast – manchmal über 20.“ Länger bleiben dagegen jene Inder, die als Priester in dem münsterländischen Ort eingesetzt werden. Wie Antony Kottackal, der 2007 dorthin kam und immer noch die Stelle des Pfarrers innehat. „Als ich hierher versetzt wurde, gab es hier bereits eine richtige indische Community.“

In Albersloh ins kalte westfälische Wasser gesprungen

Die sich nie abgrenzen, ihr eigenes Ding machen wollte. „Sie waren von Beginn an in der Dorfgemeinschaft präsent“, sagt Karl Witte. „Karneval, Schützenfest, Jubiläen – sie kamen auch zu nicht-kirchlichen Veranstaltungen, feierten und diskutierten mit.“ Damit fassten sie schnell Fuß unter den Westfalen. Er selbst ließ sich von Kottackal später zum Dienst als Erwachsenen-Messdiener animieren. „Wenn da kein gutes Verhältnis gewesen wäre, hätte ich das niemals gemacht.“

Auch der indische Pfarrer kann sich daran erinnern, wie schnell er in Albersloh ins kalte Wasser der westfälischen Kultur springen musste. „Meinen ersten Einsatz hatte ich bei einer großen Schützenbruderschaft“, sagt Kottackal. „Festgottesdienst, Doppelkopf, Scheibenschießen – ich durfte gleich alles machen.“

Gleichberechtigung von Anfang an

Genau das ist für den 60-Jährigen das Geheimnis für ein funktionierendes Miteinander von Priestern der Weltkirche und einer Dorfgemeinde wie Albersloh. „Die Sprache ist das eine – das Mitmachen der Traditionen und Feste das andere.“ Auch die Unterstützung der deutschen Geistlichen half ihm, sagt der Inder. „Ich war kein Lückenfüller, der nur die Termine machen musste, die übrig blieben.“ Von Beginn an war er gleichberechtigt im Einsatz. Die Dienstzeiten waren entscheidend für seine Termine, nicht die Hierarchie im Seelsorger-Team. „Ich machte das gleiche wie der leitende Pfarrer.“

Es lief trotzdem nicht alles von Beginn an glatt, sagt Witte. In der Gemeinde gab es auch Vorbehalte: Wie sollte das bei der unterschiedlichen Mentalität und Sprache gut gehen? „Wir waren bodenständige Geistliche aus Deutschland gewohnt, die lange blieben.“ Jetzt kamen Seelsorger mit anderem kulturellem Hintergrund, die vielleicht bald schon wieder in die Heimat zurückwollten. „Ihre Offenheit und Herzlichkeit haben die Zweifel aber schnell beendet.“

Fröhlichkeit lässt Sprachprobleme in den Hintergrund rücken

Nicht bei jedem so schnell, sagt Pfarrsekretärin Petra Schlautmann. „Es waren Ausnahmen, aber manchmal äußerten Gemeindemitglieder den Wunsch, dass bei einem Sakrament oder einem Gottesdienst kein indischer Priester eingesetzt werden sollte.“ Der Grund waren vor allem sprachliche Verständnisprobleme. Heute hat sich das gedreht. Und das liegt nicht nur an deren immer besser gewordenen Aussprache. „Es gibt nicht wenige, die sagen, dass ihnen die Fröhlichkeit des indischen Priesters so gefallen hat, dass sie ihn beim nächsten Fest wieder mit dabeihaben wollen.“

Diese Lockerheit mussten die indischen Priester aber erst lernen, geben sie zu. „Aus Indien waren wir gewohnt, dass der Pfarrer als Respektsperson bei allen Fragen der dörflichen Gemeinschaft mitsprach“, sagt Kottackal. „Hier erlebten wir, dass wir mit unserer Position auch mal außen vor waren, unsere Meinung angezweifelt wurde.“ Ein guter, wenn auch anfangs schwieriger Prozess, finden die Geistlichen. „Das brachte Nähe und Vertrauen – wir waren auf Augenhöhe gefragt.“ Die kulturelle Distanz zwischen lebhaften Asiaten und den „sturen Westfalen“ habe damit noch schneller überwunden werden können.

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