Inklusionsbetrieb in Reken mit besonderer Atmosphäre

So ein Eiscafé gibt es nur in Maria Veen

Die „Eis-Lounge“ in Maria Veen bei Reken ist eine Eisdiele der besonderen Art. Als Inklusionsfirma setzt sie auf ein Prinzip: Menschen mit und ohne Behinderung arbeiten zusammen – jeder nach seinen Fähigkeiten.

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Der Name des Rekener Ortsteils Maria Veen sagt schon aus, dass der Ort eine kirchliche Tradition hat. Und die hat er bis in die Gegenwart hinein: Neben Wohn- und Geschäftshäusern der rund 2.200 Einwohner gibt es dort den bekannten Benediktushof, eine Sonderschule in kirchlicher Trägerschaft für die spezielle duale Ausbildung von mehr als 300 körperlich und geistig behinderten Menschen in 40 Berufen.

Dann gibt es das Kloster der Mariannhiller Missionare, die das gleichlautende und für die regionale Schullandschaft bedeutende katholische Gymnasium im ehemaligen Trappis­tenkloster betreiben, das von mehr als 900 Schülern besucht wird. Und für alle diese Menschen, die dort leben, ist da noch eine Besonderheit, die 2015 eingerichtete „Eis-Lounge“, ein überaus stilvoll eingerichtetes Eis-Café an der Poststraße. Es wird von behinderten und nichtbehinderten Menschen für behinderte und nichtbehinderte Besucher betrieben.

 

Selbst hergestelltes Eis

 

Mittlerweile ist diese „Eis-Lounge“ nicht nur wegen der schmackhaften und selbst hergestellten Köstlichkeiten – darunter auch herzhafter Apfelstrudel und Flammkuchen –, sondern auch wegen der menschlich und sozial guten Atmosphäre zwischen Menschen mit und ohne Behinderung bis weit ins Westfälische bekannt. 33 Innen- und rund 70 Außenplätze laden zum Genießen und Verweilen ein. Diese „Eis-Lounge“ ist nach eigenen Angaben der einzige Inklusionsbetrieb in Deutschland, der sein Eis selbst herstellt. Er ist auch im Inklusionskataster von Nordrhein-Westfalen zu finden.

27 Mitarbeiter zwischen 16 und 62 Jahren mit und ohne Handicap, darunter 21 Frauen, sind unter Leitung der Biller­beckerin Elisabeth Kranz (50) tätig. Sie ist gelernte Hotelfachfrau und Heilerziehungspflegerin.

 

Treffpunkt im Dorf

 

Die „Eis-Lounge“ ist in Trägerschaft der Integrationsfirma „Transfair Montage GmbH“ unter dem Dach der katholischen Trägergruppe St.-Josefs-Gesellschaft, zu der auch die anderen Einrichtungen in Maria Veen gehören. Die Idee, das Eis-Café zu eröffnen, wurde aus der Not geboren. Dazu Elisabeth Kranz: „Maria Veen ist ein kleiner und abseits gelegener Ort. Wo sollen unsere Leute hin, um sich zu treffen? Die Not war, keinen Treffpunkt zu haben.“  

Jetzt treffen sich dort alle. Selbst Reiter-Gruppen binden ihre Pferde vor dem Lokal an und essen Eis. Elisabeth Kranz und der Geschäftsführer des Gesamtunternehmens, Thomas Spaan, waren dann auch überrascht, wie gut ihre Kaffee-, Eis- und Kuchen-Inklusionsgastronomie von der Bevölkerung im weiten Umkreis bis Münster angenommen wird.

 

Speisekarten: „sprechend“, Plattdeutsch und in Blindenschrift

 

„Am Anfang haben wir Werbung gemacht, heute übernimmt dies die Mundpropaganda“, sagt Kranz. Rundum ist die „Eis-Lounge“ ein professioneller Betrieb: barrierefrei, kinderfreundlich, freies WLAN, eine „sprechende Speisekarte“ und eine in Plattdeutsch und in Blindenschrift geschriebene. Auch im Angebot: E-Rollfiets-Verleih und Besichtigungstouren zum historischen Bendiktushof. Und im Winter gibt es zusätzlich Lesungen und Kneipen-Quiz mit dem TV-bekannten Christoph Thiemann.

Zum Programm gehören auch Beteiligungen mit mobilen Eis-Theken und dem „3,5 Eis-Truck-Tonner“ an Kinderfesten oder Märkten in der Umgebung. Weiterhin ist die „Eis-Lounge“ bei großen Veranstaltungen wie dem Katholikentag 2018 in Münster, der „Rehacare“ in Düsseldorf oder der „Grünen Woche“ in Berlin präsent.

 

Jeder ist willkommen

 

"Eis Lounge"
Die „Eis Lounge“ in Maria Veen. | Foto: Johannes Bernard

Die „Eis-Lounge“ hat eine eigene Betriebsphilosophie nach dem christlichen Welt- und Menschenbild entwickelt. „Als Mitarbeiter kann zu uns jeder kommen, wie er ist, ganz gleich, welche Beeinträchtigung er hat, auch Menschen nach Schlaganfällen“, sagt Kranz. „Viele, die uns besuchen, fragen, welche Beeinträchtigung denn der oder jene habe. Ich antworte dann immer sehr freundlich: Wenn man es nicht sieht, dann braucht man es auch nicht zu wissen. Das wird dann nach kurzem Nachdenken auch akzeptiert.“

Zu den Stammgästen gehört auch August Busse aus Reken, der mehrmals in der Woche den beliebten Treffpunkt besucht. „Man trifft hier mit Gewissheit jemanden, mit dem man ein Pröatken halten kann“, sagt er.

 

„Wellness für Körper, Geist und Seele“

 

Ihm gefällt das Betriebskonzept: „Umgang mit Beeinträchtigten nicht aus Barmherzigkeit, sondern auf Augenhöhe.“ Und Ingrid Ewering, ebenfalls aus Reken, meint: „Regelmäßig besuche ich die Eis-Lounge. Es ist Wellness für Körper, Geist und Seele.“

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