Anzeige
In der Corona-Pandemie will die NRW-Landesregierung eine Ladenöffnung an den Nachmittagen der Adventssonntage 2020 ausnahmsweise zulassen. Warum die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) im Bistum Münster das kritisiert, sagt Diözesanpräses Michael Prinz.
Viele Einzelhändler sehen in verkaufsoffenen Adventssonntagen auch eine Möglichkeit, coronabedingte Einnahmeverluste zu reduzieren und letztlich keine Arbeitnehmer entlassen zu müssen. Das dürfte in Ihrem Interesse sein. Wenn Sie gegen diese verkaufsoffenen Sonntage sind – wie wollen Sie Einzelhändler und Arbeitnehmer dann unterstützen?
Momentan muss Corona scheinbar für alles herhalten, allein das Wort „Corona“ öffnet Tür und Tor zur Aushebelung von Arbeitnehmerrechten. Sonntagsöffnungen können nicht wirklich die Einnahmeverluste durch die Corona-Krise auffangen – das ist meiner Meinung nach eine völlig falsche Annahme. Sonntagsshopping ist keine Konjunkturspritze – Sonntagsshopping ist verfassungswidrig, wirtschaftlich sinnlos und gesellschaftlich bedenklich. Für viele Geschäfte erhöhen sich zum Beispiel durch zusätzliche Öffnungszeiten nur die Betriebskosten, aber nicht die Umsätze. Sonntagsöffnungen – auch die an vier Adventssonntagen – werden also die Sonntagsruhe beschädigen aber keine Arbeitsplätze retten.
Einige Arbeitnehmer arbeiten gern an Sonntagen, nicht zuletzt wegen der Feiertagszuschläge. Gönnen Sie denen das nicht?
Hätten wir einen fairen Lohn im Einzelhandel, dann bräuchten wir uns heute nicht darüber zu unterhalten, dass Verkäuferinnen den Feiertagszuschlag dringend brauchen, um über die Runden zu kommen. Ich danke Ihnen, dass Sie „einige Arbeitnehmer“ sagen. Denn viele Arbeitnehmende arbeiten eben nicht gern an Sonntagen, weil sie mit ihrem Leben andere Pläne verwirklichen wollen. Sonntage sind besondere Tage – für viele sind sie entschleunigte Tage – die Atempause der Woche, der Wochentag, der den Unterschied macht. Wenn die ruhigen Adventssonntage zum Shoppen geöffnet werden, nehmen wir den Menschen und der Gesellschaft diese Atempause, die man gerade in so emotional aufgeladenen Zeiten wie heute braucht.
Infektionsschutz oder Sonntagsschutz – was hat für Sie den höheren Stellenwert?
Ich halte nichts davon, den Sonntagsschutz und Infektionsschutz gegeneinander auszuspielen. Ich bezweifle zudem, dass Sonntagsöffnungen zur Entzerrung der Einkaufsströme beitragen, da ja die Ladenöffnung nur attraktiv wird durch zusätzliche Eventangebote. Solche Angebote locken noch mehr Menschen in die City – Infektionsschutz wird dann sehr wahrscheinlich noch schwieriger. Der Sonntag als Tag der Familie, der Gemeinschaft stärkt den Einzelnen und unsere Gesellschaft – und das eben auch in Krisenzeiten.
Pro: KKV-Diözesanvorsitzender Norbert Zumbrägel
Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) bezeichnet sich als „Kirche in der Welt der Arbeit und Stimme der Arbeitnehmer in der Kirche“. Der KAB Diözesanverband Münster ist mit etwa 16.000 Mitgliedern in 190 Ortsvereinen nach eigenen Angaben der größte Regionalverband der KAB in Deutschland.