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Kritiker des Kurses von Papst Franziskus werfen ihm „Häresie“ und Irrlehren vor. Kirchenhistoriker Hubert Wolf aus Münster erinnert daran, dass frühere Päpste solche Kritiker herausgeworfen hätten. Franziskus tue das nicht – „ein Zeichen von Stärke“, so Wolf.
Der Kirchenhistoriker Hubert Wolf von der Universität Münster lobt den Umgang von Papst Franziskus mit seinen Kritikern. Johannes Paul II. oder Benedikt XVI. hätten diese herausgeworfen oder ihnen den Lehrstuhl entzogen, wenn sie Päpsten Häresie und damit ein Abweichen von der Lehre vorgeworfen hätten, sagte Wolf am Donnerstag dem Kölner „Domradio“. Das tue Franziskus nicht, was „ein Zeichen von Stärke“ sei.
Bisher hätten immer Linke den Papst kritisiert, sagte Wolf. Unter Franziskus hätten sich die Fronten verkehrt. Jetzt kritisierten Rechte das Kirchenoberhaupt, weil es mit dem Schreiben „Amoris laetitia“ zu Ehe und Familie vorsichtige Reformen begonnen habe. Es sei problematisch, dass Konservative nicht mehr zu dem von ihnen vorher eingeforderten Gehorsam gegenüber dem Papst bereit seien.
„Zurechtweisung der Kritiker dringend notwendig“
Wolf sprach von einer „neuen Qualität der Auseinandersetzung“. Zwar habe es auch gegen Aussagen Johannes Pauls II. theologische Proteste gegeben, etwa beim Nein zur Frauenpriesterweihe. „Aber es hätte sich nie jemand herausgenommen zu sagen: Wir werfen dem Papst Häresie vor.“ Die Argumentation der Konservativen ziele auf eine alte Tradition im Kirchenrecht, wonach ein häretischer Papst von selbst sein Amt verliert.
Nach Ansicht des Kirchenhistorikers ist eine Zurechtweisung der Kritiker „dringend notwendig“. Der Papst habe sich nicht leichtfertig über Dogmen hinweggesetzt. Vielmehr habe er nach Beratung durch eine Bischofssynode versucht, eine authentische Interpretation von Aussagen des kirchlichen Lehramts zu machen. „Dass Franziskus auf so eine Zurechtweisung verzichtet, ist ja der Versuch, eine neue Form der Ausgestaltung des obersten Lehr- und Hirtenamtes in der Kirche zu installieren“, sagte Wolf.
Begonnen hatte die Häresie-Debatte mit dem Brief von vier Kardinälen im Herbst 2016, die dem Papst ihre „Zweifel“ hinsichtlich einer möglichen Kommunionzulassung von wiederverheirateten Geschiedenen vortrugen. Im Lauf der Debatte kam die Idee einer „förmlichen Zurechtweisung“ auf. Jüngst bildete sich aber auch ein Unterstützerkreis für den Kurs des Papstes.