Viel Lob – aber Kritik an bestehenden Lücken

Verbände: EU-Lieferkettengesetz ist starkes Signal für Menschenrechte

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Die EU bekommt ein Lieferkettengesetz. Misereor, katholische Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken begrüßen die Einigung, machen aber auf Lücken aufmerksam.

Die EU hat sich auf ein Lieferkettengesetz geeinigt. Die Richtlinie, auf die sich Parlament, Mitgliedsstaaten und EU-Kommission verständigten, verpflichtet Unternehmen, ihre Lieferketten auf Menschenrechtsverstöße zu überprüfen und dagegen vorzugehen. Auch müssen Konzerne sicherstellen, dass ihr Geschäftsmodell mit dem Pariser Klimaabkommen vereinbar ist. EU-Parlament und Mitgliedsstaaten müssen die Vereinbarung noch bestätigen.

Das EU-Gesetz gilt für Unternehmen mit mindestens 500 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von mehr als 150 Millionen Euro. In manchen Sektoren wie Textilherstellung, Landwirtschaft und Bauwesen gilt es auch für kleinere Unternehmen. Verletzen Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht, können Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden.

„Besser als das deutsche Gesetz“

Das Gesetz sei ein Meilenstein für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen, erklärt die Organisation Oxfam. Zudem stelle das EU-Gesetz bei der Größe der Unternehmen eine Verbesserung zum deutschen Gesetz dar, das ab 2024 eine Schwelle von 1.000 Beschäftigten vorsieht.

„Germanwatch“ kritisiert, dass Sorgfaltspflichten auf Druck Frankreichs vorläufig nicht für Finanzdienstleistungen gelten. Dabei trügen europäische Finanzinstitute durch Investitionen und Kredite massiv zu Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden bei.

Misereor: „Viele werden profitieren“

Auch das katholische Entwicklungshilfswerk Misereor bemängelt, dass eine Revisionsklausel lediglich die Möglichkeit einer nachträglichen Aufnahme von Finanzmarktgeschäften in die Regelungen vorsehe. Von einem „Kompromiss mit Schwächen“ spricht Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel.

Dennoch komme er zahlreichen Gruppen zugute, die unter von Unternehmen verursachten Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzungen litten. Spiegel nennt etwa indigene Gemeinschaften in Südamerika, Näherinnen in Bangladesch, Minenarbeiter in Südafrika und Wanderarbeiterinnen auf spanischen Gemüseplantagen.

Das Gesetz sei gleichwohl ein Baustein einer fairen Globalisierung: „Europäische Unternehmen werden gesetzlich verpflichtet, der Zerstörung von Umwelt und Lebensgrundlagen, Kinderarbeit und Hungerlöhnen in ihren Lieferketten wirksam vorzubeugen“, so Spiegel.

Lob für Klagemöglichkeit

Ähnlich äußern sich katholische Bischöfe. Die EU setze „ein starkes Signal für Menschenrechte und Nachhaltigkeit in der globalen Wirtschaft“, erklären die Bischöfe Stephan Burger (Freiburg), Heiner Koch (Berlin), Heiner Wilmer (Hildesheim) und Bertram Meier (Augsburg).

Besonders würdigen sie, „dass Betroffene von Menschenrechtsverletzungen nun endlich eine reale Chance erhalten, auch vor Zivilgerichten in der EU Schadenersatz einzuklagen, wenn europäische Unternehmen zu diesem Schaden beigetragen haben“. Auch die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp sieht dies als Paradigmenwechsel an.

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