Themenwoche: Wie Menschen der Bibel mit Leid im Leben umgehen (5)

Wann ist das Maß voll? Eine anonyme Leidensgestalt – Psalm 38

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Wieviel Leid kann ein Mensch ertragen? Wann ist das Maß voll? Diese Frage wird in Psalm 38 aufgeworfen. Die Lösung für das leidvolle Leben kann sein, das Leiden in Worte zu fassen und vor Gott zu bringen.

Die Dichter der Psalmen sind normalerweise unbekannt, auch wenn die Texte häufig einen Autor benennen, wie etwa den König David. Das muss aber nicht bedeuten, dass der an einem freien Sabbatnachmittag die Verse selbst geschmiedet hätte, sondern dass der Text unter seiner Autorität steht, so gewichtig, als hätte der König ihn selbst formuliert.

Ein Beter bringt hier seine Gedanken vor Gott, sie sollen zu ihm aufsteigen wie Weihrauch in die Höhe steigt. Er sieht sich von Gott gestraft. An Leib und Seele ist er erkrankt. Seine Diagnose lautet: Die Ursache muss er bei sich selber suchen. Durch seine eigenen Verfehlungen hat er sich das Unheil selbst zuzuschreiben. Trotz all seiner Kraftlosigkeit und Zerschlagenheit legt er vor Gott seine tiefste Sehnsucht offen. Er hat immer noch einen Adressaten für seine Notschreie und Hilferufe. Auch wenn ihn, was besonders schmerzt, seine Nächsten, die Freunde und Gefährten verlassen haben und jeder Begegnung ausweichen.

Bemühungen um das Gute

Themenwoche: Wenn Leid das Leben schwer macht – Erfahrungen von Menschen der Bibel
Es ist das Besondere des Christentums, dass es Leid als Grunderfahrung des Menschen ernstnimmt – besonders wird das in der Leidensgeschichte Jesu deutlich, das nicht zu denken ist ohne das Leiden der Kranken, Verletzten, Verlassenen, Ausgestoßenen, Sterbenden. Die Bibel kennt viele solcher Menschen. Was ihre Erfahrungen unserem Leben sagen können, zeigt Pater Daniel Hörnemann an fünf Beispielen.

Obendrein hat er es zu tun mit Zeitgenossen, die sich alle Arten von Mobbing einfallen lassen und ihn andauernd arglistig zu Fall bringen wollen. Er kommt sich vor wie ein Taubstummer, dem die Möglichkeiten der Kommunikation genommen sind. All die Unheilsphänomene nennt er beim Namen und kann sie wenigstens vor seinem Gott zur Sprache bringen, wenn schon niemand sonst ihn anhören will. 

Ein gewisser Trotz meldet sich auch in ihm, niemand soll sich wegen seiner Hinfälligkeit über ihn überheben. Er gesteht seine eigene Schuld ein, grundlose Anfeindungen jedoch weist er ab. Er bemüht sich um das Gute. Am Ende bittet er Gott um seine Gegenwart und sein verlässliches Dasein.

Leidensgestalt ganzheitlich geschädigt

In diesem Klagelied einer einzelnen Leidensgestalt begegnet das Ich des Beters seinem Du, dem von ihm angesprochenen Gott. In Metaphern des Gewichts spricht er von den Lasten auf seiner Seele. Sorgen und Schuld sitzen ihm im Nacken, sein ganzes Leben ist aus dem Gleichgewicht geraten. Für seinen Eigenanteil daran will er die Verantwortung übernehmen. Seine Schmerzen und sein Leid sind jedoch so schwerwiegend, dass er es kaum aushalten kann.

Er ist nicht nur körperlich betroffen, sondern sieht sich ganzheitlich geschädigt. Die psychischen Leiden zeigen ihre physischen Spuren. Niedergeschlagenheit und Schwermut ergreifen von ihm Besitz. Er hat keine Kontrolle über sein Leben mehr, auch nicht über sein Leiden, der ganze Mensch wird vom Schmerz affiziert und nach unten gezogen. Auch das zwischenmenschliche, soziale Miteinander ist empfindlich gestört. All die Störungen ins Wort bringen zu können, da beginnt jedoch schon der Prozess der Leidverarbeitung.

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