Ausbildenden-Vertreter über Zukunft des Berufs

Warum sind Pastoralreferenten für die Kirche so wichtig, Herr Beer?

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Die Bundeskonferenz der MentorInnen und AusbildungsleiterInnen für PastoralreferentInnen in den Diözesen Deutschlands (KMA-PR) tagt derzeit in Münster. Schwerpunkt des Treffens mit 48 Teilnehmern ist die spirituelle Ausbildung der pastoralen Mitarbeitenden. KMA-PR-Vorsitzender Andreas Beer aus München sagt im Interview mit „Kirche-und-Leben.de“, dass PastoralrefentInnen beim Perspektivwechsel in der Kirche dringend gebraucht werden.

Herr Beer, wie sieht es bei den aktuellen kirchlichen Entwicklungen mit der Stimmung unter den PastoralreferentInnen aus?

Von Euphorie zu sprechen, wäre sicher überzogen. Aber die neue kirchliche Grundordnung etwa hat viel Positives bewirkt. Weil wir merken: Kirche bewegt sich doch. Vor ein paar Jahren wäre es noch undenkbar gewesen, dass wir verheiratete homosexuelle Bewerber oder wiederverheiratet Geschiedene in den pastoralen Dienst hätten aufnehmen können. Das ist ein Quantensprung hin zu einer authentischen Kirche. Die Atmosphäre ist dadurch wesentlich besser geworden.

Kirche steht generell gesellschaftlich unter Druck – bekommen dies die PastoralreferentInnen auch zu spüren?

Natürlich gibt es bei den Auszubildenden ein Fragen und Suchen, wie relevant Kirche in Zukunft noch sein wird. Auch die Frage, wie künftig immer größere Seelsorge-Einheiten bewältigt werden können, spielt eine Rolle. Da gibt es viele Fragen. Wer heute in den Dienst der Kirche geht, hat nicht mehr ein klares Gerüst, an das er sich anlehnen kann. Es wird immer mehr ein Ausprobieren sein. PastoralreferentIn zu sein ist aber immer noch ein großartiger und spannender Beruf, der enorm sinnstiftend ist und mit dem ich den Menschen viel geben kann. Das fühlen sie weiterhin.

Wirkt sich die kirchliche Situation auf Interessentenzahlen aus?

Die Zahlen bleiben recht stabil. Aber das Profil der Bewerber wird diverser. Es gibt immer weniger Studenten, die Theologie als Vollstudium absolvieren, und somit auch weniger Theologen, die sich für die Arbeit als PastoralreferentInnen entscheiden können. Das wird aber ausgeglichen durch andere Qualifikationen wie theologische Fernkurse, dem Zugang über das theologische Lehramtsstudium oder über andere Masterstudiengänge mit theologischem Abschluss. Das sind keine Notlösungen, sondern alles hoch motivierte Leute. Was auch eine Chance ist, weil wir viele unterschiedliche Profile in die pastorale Ausbildung holen.

Die Möglichkeiten des Einsatzes von Ehrenamtlichen wachsen in den Pfarrgemeinde – welche Arbeit bleibt für die PastoralreferentInnen?

Es geht darum zu vermitteln, was die biblischen Geschichten mit meinem heutigen Leben zu tun haben. Deswegen ist die theologische Ausbildung so wichtig. Ich sehe die PastoralreferentInnen da als Experten. Es geht um viel mehr als um die konkreten Angebote und Themen in der Pfarrgemeinde. Es geht um grundsätzliche Glaubensfragen, die in unserer Gesellschaft immer schwerer zu beantworten sind. Dort sich gemeinsam auf die Suche zu machen, begleitet von Leuten, die sich in der Ausbildung intensiv damit auseinandergesetzt haben – das ist wichtig.

Verliert man dafür die Kontaktfläche, wenn immer mehr Aufgaben von anderen Laien übernommen werden können?

Das glaube ich nicht. Natürlich wird die Aufgabe der PastoralreferentInnen auch immer mehr zur Multiplikatoren-Schulung, um ehrenamtliche Kräfte für ihre Arbeit zu befähigen. Das können sie aber nur, wenn sie auch als qualifizierte Vorbilder agieren. Als intensiv geschulte Prediger, als Katecheten mit fundierter religionspädagogischer Ausbildung oder als liturgisch befähigte Leiter von Beerdigungsfeiern.

Müssen Sie diese Idee der pastoralen Arbeit in den Bistümern erst noch etablieren?

Es ist weitgehend akzeptiert, dass Pastoralreferenten Ehrenamtliche dazu qualifizieren, seelsorglich aktiv zu sein. Das ist sicher ein Perspektivwechsel, bei dem Zuständigkeiten und damit auch Macht abgegeben werden. Die Bistümer haben erkannt, dass PastoralreferentInnen dafür dringendst gebraucht werden, um qualifizierte Seelsorge zu erhalten.

Sind PastoralreferentInnen vor diesem Hintergrund in der Pfarrverwaltung sinnvoll eingesetzt?

Es gibt unterschiedliche Leitungsmodelle in Deutschland, in denen auch PastoralreferentInnen eingebunden sind. Die seelsorgliche Dimension geht dabei nicht verloren, weil dort bewusst theologisch, geistlich und spirituell gebildete Leute eingesetzt werden sollten. Damit sie eben nicht einfach irgendwie leiten, sondern die Arbeit auf unserem christlichen Fundament leiten.

Wie spiegeln sich diese Entwicklungen in der Ausbildung der Pastoralreferenten wider?

Wir legen viel Wert auf eine spirituelle Grundausbildung. Es geht weniger um konkrete Tools, mit dem wir festlegen, wie Seelsorge in einem Pfarrverband laufen muss. Natürlich ist ein fachliches Grundwissen wichtig. Entscheidender ist aber, dass PastoralreferentInnen in eine seelsorgliche Haltung hineinwachsen, mit der sie durch alle Unsicherheiten dieser Zeit hindurch ihren Mann oder ihre Frau stehen können. Es wird keine Musterlösung mehr geben. Das ist ein Schalter, der in der Kirche umgelegt werden muss. Die Sicherheit der klaren Ansage ist weg.

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