Pastoralreferentin seit mehr als zwei Jahren Gemeindeleiterin

Führung ist Teamarbeit - wie Anja Daut die Pfarrei in Saerbeck leitet

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Anja Daut ist eine der ersten Gemeindeleiterinnen im Bistum Münster. Seit mehr als zwei Jahren leitet sie die 4.000 Mitglieder zählende Pfarrei St. Georg in Saerbeck im Kreis Steinfurt. Als „Lückenbüßerin“ für den fehlenden Priesternachwuchs fühlt sie sich nicht, eher als Frau, die anpackt und handelt, um die Aufgaben einer Pfarrei zu erfüllen. „Kirche-und-Leben.de“ hat die engagierte Pastoralreferentin getroffen, um mehr über ihre Gemeindeleitung zu erfahren.

Eigentlich gebe es darüber nicht viel zu erzählen, antwortet Anja Daut auf die Frage, wie sie ihre Aufgabe als Gemeindeleiterin der Pfarrei St. Georg in Saerbeck ausübt. „Ich mache das, was anliegt und was die Menschen von ihrer Kirche erwarten dürfen.“

Die 51-jährige Pastoralreferentin ist seit März 2021 Gemeindeleiterin – so die offizielle Bezeichnung – in Saerbeck, einer knapp 4.000 Katholiken zählenden kleinen Pfarrei. Die Pfarrverwaltung, so die ebenfalls offizielle Bezeichnung, liegt in den Händen von Pater Michael Hürter, der im Nachbarort Ladbergen lebt und im Bistum Münster für weltkirchliche Aufgaben zuständig ist.

Pfarrei-Gremien stehen hinter Anja Daut

Daut war 19 Jahre als Pastoralreferentin in der Pfarrei St. Georg in Bocholt tätig, bevor sie aus der Hauptabteilung Seelsorge-Personal des Bistums Münster die Anfrage erhielt, in einem neuen Leitungsmodell in Saerbeck tätig werden zu wollen. Die aus dem nahe gelegenen Recke stammende Anja Daut sagte sofort Ja, nachdem Kirchenvorstand und Pfarreirat mit einmütiger Zustimmung die Personalentscheidung begrüßt hatten.

So wurde sie eine der ersten Gemeindeleiterinnen im Bistum Münster und konnte eine kleine Tradition fortsetzen, die in Saerbeck begann, als mit dem Pastoralreferenten Werner Heckmann bereits ein sogenannter Laie für kurze Zeit bis zu dessen Ruhestand die Gemeindeleitung ausübte. Vor einigen Jahren war bereits bekannt geworden, dass St. Georg keinen eigenen Pfarrer mehr bekommt.

Daut geht es um gute Gemeindearbeit

Daut empfindet sich nicht als Notlösung oder Lückenbüßerin für den immer sichtbarer werdenden Priestermangel. „Es geht darum, einfach eine gute Gemeindearbeit zu machen“, sagt sie. Daher sei ein kollegial arbeitendes Seelsorgeteam mit einer guten Zusammenarbeit zwischen den ehrenamtlich tätigen Gremien und Gruppen wichtiger, als sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wer eigentlich die Leitung für alles habe.

„Also ist die Frage nach der Leitung gar nicht so wichtig“, sagt die Patoralreferentin, die natürlich die theologischen Feinheiten kennt, wenn Leitung in der katholischen Kirche definiert wird. „Es ist eine Haltungsfrage, wie man leiten will. Niemand soll Macht haben, dafür gibt es Teamarbeit und Aufgabenverteilung“, sagt die Gemeindeleiterin.

Ehrenamtliche unterstützen Leitung

Das ist in Saerbeck geklärt: Pastor Ramesh Chopparpu aus dem Seelsorgeteam hält die Eucharistiefeiern und die Trauungen und spendet das Sakrament der Taufe. Mehrere Seelsorgerinnen und Seelsorger stehen für Beerdigungen zur Verfügung, darunter auch Werner Heckmann.

Verlassen kann sich die Gemeindeleiterin auf den Pfarreirat und den Kirchenvorstand, von denen einige viel Zeit für die Gemeindearbeit investieren. Nur um einen Namen zu nennen, erwähnt Anja Daut den pensionierten Lehrer Alfons Sundermann, der in Saerbeck als „der halbe Pastor“ bekannt ist.

Einvernehmliche Entscheidungen

„Daran erkennt man doch, dass man keine ausformulierten Konzepte braucht. Wir tun es einfach hier in Saerbeck in einem Miteinander. Niemand muss sauer sein, wer welche Einladung bekommt oder wer irgendwo ein offizielles Grußwort zu sprechen hat.“

Die Zusammenarbeit mit Pfarrverwalter Hürter, der den Vorsitz im Kirchenvorstand hat, bewertet sie als sehr positiv und angenehm. „Er ist ein Möglichmacher, ein Informationsgeber.“ Bislang seien alle Entscheidungen einvernehmlich getroffen worden.

Daut ohne Stimmrecht im Kirchenvorstand

Die Pfarrkirche St. Georg in Saerbeck. | Foto: Johannes Bernard
Die Pfarrkirche St. Georg in Saerbeck. | Foto: Johannes Bernard

Die Gemeindeleiterin ist bei den Kirchenvorstands-Sitzungen mit dabei, ohne ein Stimmrecht zu haben. „Das will ich sogar gar nicht“, sagt sie. Den Vorschlag, doch bei der nächsten Kirchenvorstandswahl zu kandidieren, um dann als Gewählte ein Stimmrecht zu haben, habe sie abgelehnt. „Dann würde ich ja einem Ehrenamtlichen einen Platz wegnehmen.“

Anpacken dort, wo sie gebraucht wird, das ist die Devise der Pastoralreferentin. So ließ sie sich zur Notfallseelsorgerin ausbilden, um in der Nähe von Menschen sein zu können, die schwierige Situationen durchstehen müssen. Während eines Sabbatjahres vor einigen Jahren machte Anja Daut eine Ausbildung zur Rettungssanitäterin, arbeitete mehrere Wochen auf der Intensivstation und in der Notaufnahme des Ibbenbürener Krankenhauses und fuhr bei der Feuerwehr in Wesel danach noch 75 Einsätze.

Daut nimmt an Pfarrer-Konferenzen teil

Wäre nicht die Corona-Pandemie gekommen, hätte sie gern noch ein Jahr in einem Krankenhaus in Afrika gearbeitet. „Tansania oder Südafrika, dort hätte ich gern noch in einem Hospital geholfen“, sagt die Gemeindeleiterin.

Wer so mitten im Leben steht, weiß die Dinge zu nehmen und mit einem zwinkernden Auge zu betrachten. Seit sie die Gemeindeleitung ausübt, ist sie automatisch Mitglied der zweimal im Jahr stattfindenden „Pfarrer-Konferenz“ im Bistum Münster, wo sie auch mal mit dem Satz „Da kommt Frau Pfarrerin“ begrüßt wird.

Anja Daut: Eine Frau unter hundert Männern

Wenn die Konferenz offiziell mit den Begrüßungsworten „Liebe Pfarrer und liebe Frau Daut“ eröffnet wird, dann ist sie die bislang einzige Frau unter hundert Männern. Zumindest eines hat sich verändert: Bis vor Kurzem hieß die Einladung „An die leitenden Pfarrer“, heute heißt es: „An die Leitenden in den Pfarreien“. Die Konferenzen seien immer gut. Viele Pfarrer erkundigten sich, „wie es so in Saerbeck läuft“, sagt Anja Daut.

Dass es in Saerbeck gut läuft, davon ist sie überzeugt: „Aber das ist alles nur in Teamarbeit und mit freiwillig Engagierten möglich, die eigenverantwortlich handeln können.“ So wird in St. Georg das wöchentliche Friedensgebiet ausschließlich von Laien vorbereitet und gestaltet. „Da stellt sich einfach nicht die Frage: Warum ist kein Hauptamtlicher da?“ Einfach tun, das ist die Devise von Anja Daut.

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