Begegnung in Taizé gab Anstoß für Engagement

Wie ein Arzt aus Oer-Erkenschwick Flüchtlingskindern in Kenia hilft

  • 2013 weilt Alfons Nowak im Flüchtlingslager Kakuma. Da steht für den Oer-Erkenschwicker fest: Hier in Kenia, an der Grenze zum Südsudan, will er helfen.
  • Wenig später gründet er den Verein „Kakuma Flüchtlingshilfe Ostafrika“.
  • Welhe Rolle die Gemeinschaft Taizé dabei spielt, die heute ihr Jahrestreffen in Rostock eröffent, verrät er Kirche-und-Leben.de.

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Sein jetziger vierwöchiger Aufenthalt in Kenia hat Alfons Nowak wieder einmal bestätigt, warum Hilfe notwendig ist und sie kontinuierlich zu leisten ist: „Viele Flüchtlinge in Afrika leben ohne Perspektiven und sind erschöpft. Es fehlt an allem, an gesunder Ernährung, ausreichender Medizin und schulischer Bildung.“

Dafür etwas zu tun, ist für den 72-jährigen Mediziner aus Oer-Erkenschwick, der 35 Jahre als Hausarzt in Datteln gearbeitet hat, zu einer wichtigen Aufgabe geworden. Nach einem Besuch in einem Flüchtlingslager in Kakuma 2013, in dem vornehmlich Geflüchtete aus dem Südsudan, Somalia und Burundi leben, gründete er ein Jahr später den Verein „Kakuma Flüchtlingshilfe Ostafrika“.

Bis zu 120 Kinder je Schulklasse

Zweck des Vereins ist die finanzielle Unterstützung der Flüchtlinge in den Lagern Kakuma und Kalobeyei und der Straßenkinder in Nairobi über die dort tätigen Mitglieder des Salesianer-Ordens.

„Unser Ziel ist es, Flüchtlingskindern eine fundierte Grundlage ihrer Bildung zu vermitteln. Wir sahen, dass die schulische Bildung in den Schulen des UNHCR, des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen, aufgrund zu hoher Schülerzahlen von 100 bis 120 Kinder in einer Klasse unzureichend ist“, sagt Nowak.

Lernen einer gemeinsamen Sprache

Alfons Nowak inmitten einer Gruppe junger Frauen in Nairobi, die eine Ausbildung zu Friseurinnen machen. | Foto: privat
Alfons Nowak inmitten einer Gruppe junger Frauen in Nairobi, die eine Ausbildung zur Friseurin machen. | Foto: privat

Durch die Förderung eines nachmittäglichen Unterrichts will der Verein eine effektive Ergänzung erreichen. „Neben dem Wissenserwerb ist es unser Ziel, dass die Kinder aus den verschiedenen Nationen und Stämmen sich kennen und verstehen lernen. Kinder aus verfeindeten Stämmen treffen in einer Gruppe aufeinander und lernen sich als gleichwertige Menschen kennen“, erklärt Nowak die Notwendigkeit, hier einen pädagogischen Schwerpunkt zu setzen.

Vorrangige Aufgabe ist die Vermittlung von Englisch und Kisuaheli, damit die Kinder, die aus verschiedenen Ländern stammen, überhaupt miteinander sprechen können. Die Bezahlung der Lehrer, des Supervisors und die Kosten für die Unterrichtsmaterialien und die Mahlzeiten für die mehr als 1.200 Schülerinnen und Schüler trägt der Verein „Kakuma Flüchtlingshilfe Ostafrika“. Ihm gehören rund 50 Förderer aus Oer-Erkenschwick und Datteln an.

Ordensleute leben im Flüchtlingslager

Im Flüchtlingslager Kakuma, das seit 1992 besteht, leben ungefähr 240.000 Menschen. 2015 wurde nicht weit entfernt das Flüchtlingslager Kalobeyei gegründet. Dort leben ungefähr 40.000 Menschen. Die Hälfte von ihnen ist unter 18 Jahre alt.

Pater Jose Padinjareparampil, Leiter der Salesianer-Gemeinschaft und Pfarrer der Gemeinde, ist für den Verein die Vertrauensperson vor Ort in Kakuma und Kalobeyei. Mehrere Patres und Brüder leben im Don-Bosco-Zentrum mitten im Flüchtlingslager. Neben der pastoralen Arbeit haben die Salesianer ein handwerkliches Ausbildungszentrum aufgebaut. Auch Computer-Kurse gehören zu ihrem Programm.

Kinder von der Straße holen

Schüler freuen sich auf den Besuch von Alfons Nowak. | Foto: privat
Schüler freuen sich auf den Besuch von Alfons Nowak. | Foto: privat

Der Verein fördert darüber hinaus Straßenjungen bei den „Bosco Boys“ in Nairobi. Das Projekt der Salesianer sucht Straßenkinder in den Slums auf und lädt Jungen ein, bei ihnen ein neues Leben zu beginnen. Nach Abschluss des Drogenentzugs haben die Jungen die Möglichkeit, ein Internat zu besuchen, wo sie den Schulabschluss der „Primary School“ machen können.

„Den Straßenkindern wollen wir helfen, diese Chance in ihrer Heimat Kenia zu ergreifen. Wir sehen unsere Arbeit als einen Beitrag, dass Menschen in Afrika nicht mehr aus wirtschaftlichen Gründen fliehen müssen“, sagt Nowak.

Kleinkredite können helfen

Um auch Mädchen in den Slums zu fördern, unterstützt der Verein seit 2020 Salesianer-Schwestern im Slum Dagoretti in Nairobi. Die Schwestern leiten eine „Primary School“. Frauen stellen Kunsthandwerk her, und Mädchen werden zu Friseurinnen ausgebildet.

Auf den Weg gebracht worden ist durch die Salesianer ein Programm zur Vergabe von Kleinkrediten. „Wir fördern derzeit 20 Kreditnehmer mit Beiträgen zwischen 300 Euro und 700 Euro“, sagt Nowak. Bei seiner jüngsten Reise habe er festgestellt, dass Projekte wie der Fischverkauf und die Hühnerzucht gut funktionierten. Aber nicht alles habe gleich Erfolg.

Begegnung in Taizé gibt Anstoß

Die Salesianer Don Boscos fördern die Schulbildung von Straßenkindern und Flüchtlingskindern in Kenia. | Foto: privat
Die Salesianer Don Boscos fördern die Schulbildung von Straßenkindern und Flüchtlingskindern in Kenia. | Foto: privat

Dass die jährlich etwa 45.000 Euro geleisteten finanziellen Zuwendungen für all diese Projekte gut angelegt sind, davon ist Nowak überzeugt: „Bei meinen jährlichen Reisen sehe die Entwicklung. Mit den Salesianern Don Boscos besteht eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.“

Seine Aufgabe verdankt Alfons Nowak einer Begegnung bei einer „Woche der Stille“ in Taizé vor zehn Jahren, als er einen Salesianer aus Indien kennenlernte, der in Ostafrika soziale Jugendarbeit leistet. Heute beginnt in Rostock das Europäische Jahrestreffen der ökumenischen Gemeinschaft.

Entscheidung für soziales Engagement

Die Tage in Taizé nutzte der Arzt, um der Frage nachzugehen, was Gott im Gebet, in der Bibel und durch Ereignisse im eigenen Leben zu verstehen gibt. „Es war eine Kairos-Situation. Es war eine Entscheidung oder günstige Gelegenheit, etwas zu tun. Durch das Gespräch mit dem Ordensmann war für mich klar, dass ich mich engagieren möchte“, sagt Nowak. Das griechische Wort Kairos verdeutliche gut diesen Wendepunkt in seinem Leben, als es galt, eine Entscheidung zu treffen.

Der indische Pater lud Nowak 2013 zu einem Treffen nach Nairobi ein und stellte die Projekte des Ordens vor. „Da wusste ich, dass ich hier helfend tätig werden wollte“, sagt Nowak.

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