Frauengemeinschaft in Emstek muss nach 27 Jahren Spendenprojekt beenden

Wie eine kleine Raupe einer Palmsonntags-Aktion den Garaus macht

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27 Jahre lang haben Frauen in Emstek hunderte von Palmstöcke gebastelt, säckeweise Buchsbaum verarbeitet und so ihr Spendenprojekt finanziert. Jetzt ist alles vorbei. Der Grund: „Cydalima perspectalis“.

„Wir sind Opfer des Buchsbaumzünslers!“ Gaby Brinkmann Stimme lässt keinen Zweifel daran, wie weh ihr das tut. Ihr genauso wie den anderen Frauen im Team der Palmstock-Aktion im oldenburgischen Emstek (Kreis Cloppenburg). Kein Wunder: Seit 27 Jahren versorgt diese Bastelgruppe der Frauengemeinschaft den Ort vor Palmsonntag mit passendem Schmuck: Palmstöcke, Biedermeiersträuße, gebundene Kreuze. Alles ehrenamtlich, teils in Heimarbeit, teils gemeinsam im Pfarrheim. Säckeweise Buchsbaum verarbeiten die fleißigen Frauen dabei. Und Buchsbaum ist auch der Hauptgrund dafür, dass die Frauen das Basteln einstellen müssen. Oder besser: der Mangel daran.

Denn seit sich die Raupen des um 2006 aus Asien eingeschleppten Buchsbaumzünslers mit dem lateinischen Namen „Cydalima perspectalis“ auch durch deutsche Gärten fressen und jeden Buchsbaum kurz und klein nagen, sind die Zweige rar geworden – eben auch für die Emsteker Palmstock-Aktion. Früher gab es Buchsbaum geschenkt, meist von Privatleuten. Mittlerweile jedoch haben viele die Pflanze aus ihren Gärten verbannt. „Deshalb sind Zweige nicht oder nur noch sehr schwer zu bekommen“, sagt Team-Leiterin Gaby Brinkmann. Besonders länger unbeschnittene Zweige, wie sie für Palmstöcke benötigt würden.

Rückgang schon 2023 spürbar

Schon in vergangenen Jahren hatten die Frauen den Rückgang gespürt. „Da haben wir unser Angebot reduziert“, sagt Gaby Brinkmann, auf zuletzt gerade mal noch 200 Teile. Zum Vergleich: Zu Spitzenzeiten hatte das Team der Frauengemeinschaft in der Woche vor Palmsonntag 675 verkauft.

Rund sieben bis acht Euro haben die Emstekerinnen und Emsteker dafür bezahlt – und so vor allen Dingen Kinder- und Jugendprojekte unterstützt. An die haben die Frauen Jahr für Jahr den Gewinn gespendet. Mal fürs Ferienlager, mal für ein Kinder- und Jugendhospiz oder für Straßenkinder in Brasilien. Auch damit wird es wohl vorerst vorbei sein.

Es ist ein Dilemma

Die Frauen haben sich den Schritt nicht leicht gemacht und zunächst nach Alternativen gesucht – aber sie am Ende alle verworfen. Denn Abstriche beim Material kämen nicht infrage, betont Gaby Brinkmann. Sie beschreibt das Dilemma: „Wir können in Emstek keine Palmstöcke ohne echten Buchsbaum verkaufen. Das wäre für uns hier kein richtiger Palmsonntag.“

Allerdings: Die Stücke müssten bezahlbar bleiben. „Alles unter zehn Euro!“, sagt Gaby Brinkmann. Trotzdem dürfe man an der Qualität nicht zu sehr sparen. „Da kann ich nicht nur eine einzelne Blume in einen Biedermeierstraß stecken und dafür acht Euro verlangen. Das geht einfach nicht!“

Auch das andere Material hat sich verteuert

Zum Buchsbaum-Mangel hinzu kommen deutlich gestiegene Kosten für das weitere Material: Papier, Deko und bunte Bänder zum Beispiel. Derzeit ist das meiste des Vorrats verbraucht. Wenn die Frauen sich fürs Weitermachen entschieden hätten, müssten sie das Materiallager also jetzt wieder für die kommenden Jahre auffüllen.

Dieses Risiko wollten sie aber nicht eingehen. Denn damit könne sie schwer leben, sagt Gaby Brinkmann. „mit dem Gefühl, dass ich diesen Einkauf am Ende nicht wieder erwirtschaften kann.“ Sie betont: „Ich will mich gerne für etwas einsetzen. Aber ich möchte natürlich auch, dass dabei etwas herumkommt. Und das sehe ich nicht.“

Kein Geld aus Mitgliedsbeiträgen

Was für sie gar nicht infrage kommt: mit Geld aus der Vereinskasse der Frauengemeinschaft die Aktion künstlich am Leben zu halten. „Auf keinen Fall!“ sagt Gaby Brinkmann. Zumal auch die Zahl der Helferinnen nach und nach geschrumpft sei. „Facharbeiterinnenmangel“ nennt die 59-Jährige die Folge augenzwinkernd. Früher haben manchmal 25 Frauen Palmstöcke oder Biedermeier-Sträuße zusammengesteckt, heute sind es noch zehn.

Sorgen, dass an Palmsonntag nun überhaupt keine Palmstöcke in der St.-Margaretha-Kirche zu sehen sein werden, macht sich Gaby Brinkmann aber nicht. „Es werden ja wohl auch anderswo Palmstöcke gebastelt, in Kindergärten vielleicht, oder zu Hause.“

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