Pater Elmar Salmann zu den Ansprüchen unserer Zeit

Wie uns die Komplexität der Welt fordert - und uns Religion helfen kann

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Immer wieder stoßen wir in dieser komplexen Welt an Grenzen. Geschehnisse wie Kriege oder Wirtschaftskrisen lassen uns verzweifeln. Wie hilfreich wäre es, Freude an der Religion zu entwickeln, erklärt Benediktiner-Pater Elmar Salmann OSB in seinem Gast-Kommentar.

Es ist, als ob wir auf vielen Ebenen des Lebens an eine Schallmauer gerieten oder sie sogar schon durchbrochen hätten. Die Fremdheit so vieler Welten, des Christentums, der Kirche schaut uns blicklos an, wir wissen nicht weiter.

Unser Pazifismus – und nun der Krieg; die globale Wirtschaft – und die Unterbrechung der Lieferketten, unerhörte Abhängigkeiten, Personalmangel allenthalben; die von Parteien getragene und vermittelte Menschenrechtsdemokratie – und die starken Führer, die Bewegungen, die vielen anders ‚tickenden‘ Kulturen und Länder; das Pathos der Gesundheit, der unendlichen Therapie – und die Grenzen und Schatten der Lebensverlängerung, die Überlastung des Systems, der Ressourcen, der Politik; die unendliche Kommunikations- und Informationsflut – und die seelisch-soziale Erschöpfung: wie viel an Leid und Komplexion können der Einzelne und eine Gesellschaft ertragen, zumal wenn es sie nicht unmittelbar betrifft?

Oft Unbegreifliches zu ertragen

Die Ansprüche an Sensibilität, Einfühlung, Teamfähigkeit – und die Bedürfnisse und Forderungen, die daraus erwachsen: wer könnte ihnen gerecht werden? Endlich die institutionelle Religion in einer agnostisch, allenfalls vage spirituell geprägten Gesellschaft – wie soll sie aussehen?

Da ist viel an austragender Geduld nötig, an Bereitschaft zu Wandlung und Fantasie des Möglichen, vor allem aber die Einwilligung in die Endlichkeit des Lebens, die Bedingtheit jeder Option und Meinung. Wir brauchen nur unsere Nachbarn zu erleben, da stoßen wir oft auf das Unbegreifliche – gar in uns selbst. Dass Afrika, Nord- oder Südamerika religiös und politisch anders funktionieren, fühlen, agieren, leiden als wir, ist offenkundig.

Freude an der Religion wecken

Der Autor
Pater Elmar Salmann OSB war lange Jahre Theologieprofessor in Rom. Er lebt als Mönch in der Benediktinerabtei Gerleve.

Wie dem beikommen, wie sich verhalten? Vielleicht so: die eigene Zeitepoche empfangen, vielperspektivisch beschreiben und begleiten, eine nicht leichte und doch ganz elementare Kunst. Die großen Deutungen und Lösungen sind uns versagt, aber jeder Tag kann eine Tür sein, durch die ein Licht einfällt, es zu unerwarteter Begegnung mit dem Fremden kommt, vielleicht gar eine Gottesspur gelegt wird.

In der Erinnerung an sein bleibendes Dasein, der Anrufung seines Namens öffneten sich Tore, Poren und Horizonte; es würde Freude an der Religion geweckt – wie es in Afrika beim letzten Papstbesuch geschah.

In unseren Gast-Kommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

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