Digitale Auszeit in der Fastenzeit

ZDF-Chefredakteurin Schausten: Auf Abtauchen ins Netz verzichten

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In der Fastenzeit solle man öfter das Handy weglegen, sagt ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten. Im Speyerer Dom riet sie auch zu Kompromissfähigkeit: „Gönnen wir uns eine Phase, in der wir nichts besserwissen wollen.“

ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten wirbt in der Fastenzeit für digitale Auszeiten. Wenn man das Handy weglege, sei das „nichts anderes als eine Fastenregel“, sagte Schausten am Donnerstagabend in einer Fastenpredigt im Speyerer Dom, die vom Bistum am Freitag auf Youtube veröffentlicht wurde. So wie man auf Zucker oder Alkohol verzichte, könne man aufs Abtauchen ins Netz verzichten und sich selbst „eine digitale Fastenzeit auferlegen“.

Schausten regte zudem an, in der Fastenzeit auch mal aufs eigene Besserwissen zu verzichten. „Warum versuchen wir es nicht in diesen Wochen mit weniger Meinung, vor allem mit weniger Urteil und noch weniger Verurteilung?“, fragte sie. „Indem wir nicht alle Politiker für unfähig, Bahngewerkschafter für Egoisten und das Gendern für gaga halten.“

Schausten: Offen dafür sein, dass der andere Recht haben könnte

Schausten riet: „Gönnen wir uns eine Phase, in der wir uns nicht durchsetzen wollen, unser Gegenüber nicht überzeugen wollen, in der wir nicht meinungsstark sind und nichts besserwissen möchten, sondern zuhören und offen sind dafür, dass vielleicht der andere Recht haben könnte.“ Das sei die Grundlage für jeden Kompromiss. „Wer fürchtet, man mache sich damit klein: Nein, wir machen uns damit groß, indem wir der Möglichkeit des Gemeinsamen den Vorzug geben vor dem Trennenden“, sagte die Fernsehjournalistin.

Nach ihrer Einschätzung hat auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Aufgabe, Räume zu schaffen für „den zivilisierten Streit“ zur Kompromissfindung. „Wozu wir freilich nicht verpflichtet sind, ist, Demokratiefeinden eine Plattform zu geben, die nicht in der Sache argumentieren, sondern spalten wollen“, sagte die ZDF-Chefredakteurin.

Moderatorin: Geprüfte Informationen sind „Gütesiegel“

Sie betonte zudem: „Wir können Anker sein, indem wir Informationen nicht nur einordnen und sortieren, sondern auch verifizieren und mit einer Art Gütesiegel versehen.“ Geprüfte Informationen seien nicht nur Grundlage der Meinungsbildung, sondern auch Mittel gegen Verunsicherung. „Je besser informiert, desto weniger Angst“, sagte Schausten.

Medien sollten zudem „Räume der Vertrautheit“ bieten, sagte sie. Schausten nannte Sendungen wie „Heute Journal“, „37 Grad“, „Maybrit Illner“ oder Serien wie „Der Bergdoktor“. Nachrichtensendungen mit vertrauten Gesichtern sowie „Serien und ihre Helden“ gäben Orientierung und Sicherheit.

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