Thomas Fohrmann wandert von Delmenhorst nach Wilhelmshaven

100 Kilometer für den guten Zweck - Pastoralreferent löst Wette ein

Pastoralreferent Thomas Fohrmann löst mit der Wanderung Wettschulden ein. | Video: Marie-Theres Himstedt

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Er sagt von sich, dass er nicht der Sportlichste sei, und nun muss er ran: Pastoralreferent Thomas Fohrmann wettete mit den Jugendlichen seiner vorherigen Pfarrei St. Christophorus/St. Marien Delmenhorst, dass sie es nicht schaffen, 5.000 Euro beim Sponsorenlauf für das Kinder- und Jugendhospiz Joshua Engelreich in Wilhelmshaven zu erbringen. Es wurden sogar 10.000 Euro und nun muss Fohrmann, jetzt Pastoralreferent in Brake, seine Wette einlösen: Er läuft in Etappen die 100 Kilometer von Delmenhorst nach Wilhelmshaven und hat nochmal 1.500 Euro im Gepäck.

Die Haare kleben feucht auf der Stirn, mit einem lauten Durchatmer lässt Thomas Fohrmann seinen Rucksack zu Füßen sinken: „Jetzt ist eine Pause fällig“, seufzt er und setzt die 0,7-Liter-Flasche Wasser an. Im Hintergrund ragt der weiße Glockenturm von St. Bernhard in Ganderkesee-Bookholzberg empor. Eigentlich ist der Pastoralreferent für diesen Kirchort im Offizialat Oldenburg gar nicht mehr zuständig, und dennoch hat er sich von Delmenhorst in die Wohnsiedlung aufgemacht – zu Fuß: „Das waren jetzt 16 Kilometer, seit 6.30 Uhr heute Morgen“, sagt er und ein bisschen Stolz schwingt in seiner Stimme mit.

Hinter seinem ganz persönlichen „Kampftag“ steht ein guter Zweck: Thomas Fohrmann hatte mit den Jugendlichen seiner vorherigen Kirchengemeinde St. Marien Delmenhorst gewettet, dass sie es nicht schaffen, 5.000 Euro für das Kinderhospiz in Wilhelmshaven zusammenzubringen. Er sei bereits gefragt worden, ob er es denn ernst meine mit seiner Wette. „Die Wette, das sollte ein Anreiz sein für die Jugendlichen bei der Carpe-Diem-Aktion der Messdiener richtig einen rauszuhauen“, sagt der 45-Jährige und wirft einen Kontrollblick auf seine Wander-App auf dem Smartphone.

 

Wette verloren, Kilometer gewonnen

 

Vor den Sommerferien waren rund 500 Messdiener im Offizialat aufgerufen, mit verschiedenen Aktionen für den guten Zweck Geld zu sammeln: „10.000 Euro haben die Jugendlichen mit Unterstützung der Gemeinde und dem Seelsorgeteam allein in St. Marien Delmenhorst zusammengebracht. „Das Geld geht an die Geschwisterinsel des Hospizes Joshuas Engelreich in Wilhelmshaven“, erklärt Fohrmann. Dort können die Angehörigen ihrer todkranken Geschwister kostenlos untergebracht werden, und so leichter vor Ort sein.

Und weil Fohrmann eben mit „seinen“ Jugendlichen gewettet hatte, dass sie keine 5.000 Euro schaffen, muss er jetzt laufen, 100 Kilometer von Delmenhorst bis Wilhelmshaven. „Nicht auf einmal, das schaffe ich nicht“, sagt er. In Etappen, das traue er sich zu. Erstens, passt es sonst zeitlich nicht, denn er arbeitet sich gerade in seiner neuen Gemeinde in Brake ein, und zweitens, „müssen da 150 Kilo bewegt werden“, meint er mit einem breiten Lachen. Dass er nicht der sportlichste Typ ist, dazu steht der 45-Jährige: „Da muss ich jetzt durch“, sagt er und greift nach den Walking-Stöcken. Weiter geht’s, von Bookholzberg in Richtung Berne: „Das wären dann nochmal gut 13 Kilometer, mal sehen, ob es klappt“, sagt er, die Stöcke schwingen rhythmisch hin und her.

 

Mogeln kommt für Fohrmann nicht infrage

 

Unter der Brücke fahren die Züge vorbei, ein Bushaltestellenschild steht verlockend am Wegesrand. Doch mogeln kommt für Fohrmann nicht in Frage: „Ich stehe ja mit den Gruppenleitern in Kontakt.“ Bereits in der Früh hat er Fotos geschickt. „Starke Füße und alles Gute auf dem „Thomas“-Weg“, feuern ihn die Jugendlichen per Messenger-Chat an.

Für Fohrmann sind Umbrüche und Aufbrüche nichts Neues. Das Theologiestudium in Münster begann er in den 1990ern, mit dem Ziel Priester zu werden. Es passte nicht, er stieg bei den Arnsteiner Patres in Münster, Coesfeld und Lahnstein ein, doch auch dort fühlte er sich nicht angekommen. Die nächste Abzweigung führte den Theologen ins Gefängnis: „Die Zusammenarbeit mit den Menschen dort hat mich glücklich gemacht.“ Verletzungen heilen, das war immer sein Anliegen, „und wenn es erstmal nur ein Pflaster war“, wie er sich ausdrückt. Zehn Jahre in Münster und Coesfeld mit Menschen, die oft keine Perspektive mehr für sich sahen, dann war es doch Zeit für etwas Neues und der damals Mittdreißiger startete als Pastoralassistent in Wilhelmshaven.

 

Spontaner Hausbesuch an der Wegstrecke

 

Da, wo der Ort allmählich an Weite gewinnt, kommt just ein Haus in Blickweite: „Hier wohnt doch ein bekanntes Gemeindemitglied, sie hat mich immer mal eingeladen.“ Spricht er und biegt ab auf den gepflasterten Weg. Auf das Klingeln hin öffnet Martina Engel-Köhler und ist sichtlich überrascht: „Komm rein“, ruft sie, obwohl sie gleich zur Arbeit muss, doch ein kühles Getränk und ein Stück Kuchen aus dem Vorrat muss sein.

Delmenhorst sowie die Wesermarsch, die zu Fohrmanns neuem Einsatzgebiet in St. Marien Brake gehört, sind Diaspora-Gebiete. Man kennt sich, auch über Gemeindegrenzen hinweg: „Kirche ist Beziehung“, findet Martina Engel-Köhler. An jeder Beziehung müsse man auch arbeiten, und ohne Neuerungen und Offenheit für Neues gehe es nicht, unterhalten sich die beiden am Küchentisch. Für sie habe ihr Ehrenamt für Kirche und Caritas eine große Bedeutung, „es ist zu einer zweiten Heimat geworden“, meint sie.

Doch auch die schönste Pause hat mal ein Ende. Im Dienst der guten Sache ist Fohrmann weiter unterwegs, doch der forsche Gang wird zunehmend schleppend. „Ich spüre meine Füße,“ meint er. Ein kurzer Anruf bei der Tochter seiner Lebensgefährtin genügt und sie sammelt ihn gleich mit dem Auto ein. Schließlich steht am Nachmittag auch noch der Besuch eines Gemeindemitglieds im Krankenhaus an. 18 Kilometer in fünf Stunden sind für einen untrainierten 45-Jährigen völlig in Ordnung, außerdem hat er noch bis Ende Oktober Zeit, seine Wette einzulösen. Dann übergibt Fohrmann 1.500 Euro vom Kolping und der KAB in Delmenhorst und Privatleuten an das Kinderhospiz. Denn wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg – trotz 150 Kilo.

Radiogedanken von Pastoralreferent Thomas Fohrmann:
Vom 25. bis 31. Oktober spricht Pastoralreferent Thomas Fohrmann die „Nachtgedanken“ auf NDR Radio Niedersachsen.
Sein Thema lautet „Es wird Nacht in der Wesermarsch.“ Zu hören sind die kurzen Beiträge abends zwischen 20:50 und 21:00 Uhr - NDR 1 Niedersachsen Frequenz 91,1 Mhz oder in der NDR-Mediathek.

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