Michael Baumbach über einen König, der keiner sein wollte

Auslegung der Lesungen vom Christkönigssonntag / Lesejahr C

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Christkönigssonntag - der Titel des Festes am Ende des Kirchenjahrs klingt nach einer Machtdemonstration. Doch der Sonntag feiert einen König, der keiner sein wollte, sagt Michael Baumbach in seiner Auslegung der Schrifttexte.

Das Hochfest am letzten Sonntag im Kirchenjahr ist angesichts der 2000-jährigen Geschichte des Christentums ein neues Hochfest. Es gibt für dieses Fest kein konkretes Ereignis, es entspringt vielmehr einer Idee. Zum Heiligen Jahr 1925 in der katholischen Kirche eingeführt, sollte es dem Laizismus entgegenwirken. 

Nachdem in  der Folge des Ersten Weltkriegs Monarchien selten wurden, sahen die „Kirchenfürsten“ die Partnerschaft zwischen Kirche und Staat gefährdet. Das Fest des „Christkönigs“ sollte dem befürchteten Einflussschwund der Kirche entgegenwirken und den spürbaren Relevanzverlust der Kirche in gesellschaftlichen Prozessen abfedern. Die Trennung zwischen Staat und Kirche musste als sehr bedrohlich empfunden werden, garantierten sich doch jahrhundertelang königliche Weltenherrscher und kirchliche Hierarchen gegenseitig Einfluss. 

Der Traum der Apostel

Die Lesungen vom Christkönigssonntag (Lesejahr C) zum Hören finden Sie hier.

Schaut man aber in die Heilige Schrift, gibt es wenige Stellen, die mit dem Königtum Christi zu tun haben könnten. Manche der Apostel träumen von einem Platz in einer Art „Königreich Jesu“. Gegenüber Pilatus stellt Jesus klar, dass er sich seine Rolle im Weltgeschehen anders als die eines herkömmlichen Königs vorstellt. Sein Königtum ist nicht von dieser Welt.

Genau dann, wann immer die Leute ihn zum Anführer machen wollten, zog er sich zurück oder verbarg sich. Im Markusevangelium sagt Jesus sogar: „Ihr wisst, dass die, die als Herrscher gelten, ihre Völker unterdrücken und die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen. Bei euch aber soll es nicht so sein.“ (Mk 10,42f). Vor diesem Hintergrund irritiert dieses Fest umso mehr, bekommt aber auch einen Deutungshorizont. 

Die Idee eines Königs wirkt aus der Zeit gefallen

Am Christkönigssonntag scheint sehr klar auf, dass sich das Verständnis von religiösen Selbstverständlichkeiten innerhalb von 100 Jahren völlig verändern kann. Könige sind uns fern, die Regierungsform fremd. Mag sein, dass das Royale uns ans Herz greift, wie es nicht Wenigen erging rund um den Tod von Queen Elizabeth II.. Wo aber Monarchien ohne Einbindung in demokratische Regelmechanismen bestehen, verkommen sie oft zu Unrechtssystemen. Willkür und fehlende Gewaltenteilung bringen Elend und Terror über die Menschen. 

Die Vorstellung, dass ein König, sollte er auch die lautersten Motive haben, über Menschen absolut regiert und bestimmt, wie das Leben der Einzelnen auszusehen hat, ist uns einfach fremd geworden. Diese Vorstellungen fallen aus der Zeit. 

Der Weg des Königs Christus ist ein anderer

Der Autor
Michael Baumbach
Michael Baumbach arbeitet in der Leitung des Ordens der Missionare von der Heiligen Familie mit und ist ehrenamtlicher Seelsorger in St. Joseph in Münster.

Die Zeit überstanden hat jedoch der Wunsch, dass es da einen geben möge, der die Dinge in die Hand nimmt, wenn uns vieles zu entgleiten droht. Der Ruf nach dem starken Mann, der starken Frau. Es ist der Traum von der Person, die durch Krisen führt, umsichtig und menschenfreundlich, auf die man sich verlassen kann und der man zutraut, die Dinge zum Guten zu wenden. 

Da denke ich an die vielen Frauen und Männer, die sich engagieren in Rathäusern, Kreistagen und Parlamenten. Es gibt so viele Menschen, die anpacken, zusammenbringen und vermitteln, ob gewählt oder in verantwortlichen Positionen in Verwaltungen oder ehrenamtlich.

Ja, es gibt sie, die königlichen Menschen. Ein besonderer königlicher Mensch wollte jedoch nie ein König sein, nicht der Mächtige, sondern der Diener aller und gerade der Schwachen und Leidenden. Sein Weg, die Welt zu verändern, sah ganz anders aus als das, was einem herkömmlichen König möglich ist. Er war davon überzeugt, dass Veränderung im Herzen anfängt. Mit Geduld, Werben, Zuspruch und Vertrauen sollten sich die Menschen verändern und damit auch die Welt. 

Weltordnung der Solidarität

Sein Königsweg wurde ihm zum Kreuzweg, der die Konsequenz seiner Menschenliebe war. Seine Weltordnung sollte auf Solidarität und Verantwortung füreinander gegründet sein. An Macht- und Gewaltlosigkeit orientierte sich sein Weg, und das sollte für alle gelten, die seinen Namen tragen. 

Die Inschrift über dem Kreuz „König der Juden“ war angebracht worden, um Jesus selbst im Sterben noch zu verhöhnen. Letztlich zeigen diese Worte am Kreuz jedoch, wie Gott Heil wirkt: nicht mit Gewalt oder Kalkül, sondern mit Vertrauen, mit Hingabe, mit Liebe. 

Sämtliche Texte der Lesungen vom Christkönigssonntag (Lesejahr C) finden Sie hier.

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