Pater Hans-Michael Hürter zum Messias aus der Wüste auf dem Esel

Auslegung der Lesungen vom Palmsonntag / Lesejahr C

Anzeige

Ist der Esel das passende Tier für den Triumphzug Jesu, schließlich sind es besondere Umstände für einen besonderen Menschen? Definitiv ja, sagt Pater Hans-Michael Hürter und legt die Lesungen dieses Sonntags aus.

Alljährlich kommt er zum Einsatz, ein hölzerner Ziehesel, den Kindergartenkinder, mit Buchsbaum geschmückt, zum Palmsonntagsgottesdienst mit in die St.-Christophorus-Kirche in Ladbergen nehmen. Liebevoll wird er gezogen und begleitet. Er ist etwas Besonderes. Etwa 130-mal kommt das Bild des Esels in der Bibel vor. Sowohl in der Bibel als auch umgangssprachlich, ist der Esel jedoch eher als störrisch, widerspenstig, faul, manchmal als dumm oder als Beleidigung bekannt. Ob das immer so stimmt?

Am Palmsonntag, so beschreiben es die Evangelisten, holen die Jünger Jesu auf sein Geheiß hin einen jungen Esel ab, damit der Herr auf ihm reitet und so feierlich in Jerusalem einzieht. Alle vermeintlichen Vorurteile gegenüber Eseln treffen hier nicht zu. Der Esel geht widerstandslos und willig mit den Jüngern.

Esel als Tier des Messias

Die Lesungen vom Palmsonntag (Lesejahr C) zum Hören finden Sie hier.

Im Alten Testament gilt er als das Tier des Messias schlechthin. Für die Evangelisten zeigt sich darin, dass Jesus als demütiger und friedfertiger König kommt, der eine andere Herrschaft errichten will als die der römischen Besatzer. Das Reittier weltlicher Herrscher war in der Antike jedoch nicht der Esel, sondern eher das Kamel oder bei militärischen Handlungen das Pferd. Die römischen Eroberer kamen hoch zu Ross vom Westen her zum jüdischen Volk.

Jesus kommt von Osten, vom Ölberg her auf die Stadt Jerusalem zu. Diese Theologie der Orte ist bei den synoptischen Evangelien bis ins Detail hinein beschrieben. Jesus war mit seinen Jüngern vorher in Jericho und hat dort Bartimäus von seiner Blindheit geheilt. Er geht jetzt nach Jerusalem hinauf und durchquert dabei die judäische Wüste. Betfage und Bethanien lagen zur Zeit Jesu noch in der Wüste.

Einzug Jesu als Triumphzug

Afrika-Missionar Pater Hans-Michael Hürter ist Seelsorger in der Pfarrei Sel. Niels Stensen, Lengerich. | Foto: privat
Afrika-Missionar Pater Hans-Michael Hürter ist Seelsorger in der Pfarrei Sel. Niels Stensen, Lengerich. | Foto: privat

Die Wüste steht hier für Tod und Abwesenheit von Leben. Die Stadt repräsentiert in damaliger Zeit wie heute noch Lebendigkeit und Vielfalt, für Leben in verschiedenartigen Formen.

Der Ölberg trennt die Wüste von der Stadt. Die Evangelisten symbolisieren und verdichten mit der Beschreibung vom Einzug in Jerusalem, was Jesus dort erwarten wird. Er geht gleichsam hinüber vom Tod zum Leben und somit zum österlichen Geschehen.

Insofern nimmt das Evangelium vom messianischen Einzug Jesu in Jerusalem das österliche Geheimnis vorweg: Im Glauben geht es immer vom Tod zum Leben.

Der Einzug Jesu in Jerusalem wird als ein Triumphzug inszeniert. Die Umstände und der Dekor sind für einen besonderen Menschen gedacht, der Frieden bringen soll und der eine existenzielle Hoffnung nährt.

Zuversicht durchs Hören

Von dieser Hoffnung spricht auch das dritte Lied vom Gottesknecht beim Propheten Jesaja: „Und Gott, der Herr, wird mir helfen; darum werde ich nicht in Schande enden“ (Jes 50,7). Bei Jesaja wird der Gottesknecht als der Glaubende beschrieben, der jeden Morgen neu auf Gott hört und so Zuversicht fasst, dass Gott ihn nicht im Stich lässt. Das Bild des Gottesknechtes wird auf den leidenden Jesus übertragen.

Der leidende und sich entäußernde Christus wird auch im Hymnus beschrieben, den Paulus als Trostwort an die Gemeinde in Philippi richtet. Er beruft sich dabei auf einen älteren Lobpreis, den er bereits vorgefunden hat. In der Zeit seiner Gefangenschaft hat dieses Lied ihm geholfen, seine schwierige Situation zu durchstehen und er will damit auch der bedrängten und von ihm so sehr geliebten Gemeinde in Philippi Mut machen.

Poesie statt Lehre

Paulus identifiziert sich mit der demütigen Grundhaltung Jesu, die zum Gehorsam gegenüber Gott führt. Hier geht es weniger um dogmatische Aussagen als um eine poetische Beschreibung von Menschwerdung, Leben, Sterben und Auferstehung Jesu für die frühen Christinnen und Christen. Der Apostel stellt dieses Lied der Gemeinde als Vorbild für eine Nachfolge Christi vor Augen. Der Hymnus ist gleichsam ein Resümee der Karwoche.

Mit seinem Passionsbericht setzt der Evangelist Lukas besondere Akzente. In der Leidensgeschichte zeigt er einen sehr menschlichen Jesus, der seine Angst äußert und der in seiner eigenen Leidenssituation auch einen Blick für die anderen hat.

Und er zeigt einen Jesus, der bis in seine Bedrängung und Todesstunde empathisch ist und das Heil der anderen ermöglicht: Er heilt das Ohr des Dieners des Hohepriesters, er bittet um Vergebung für seine Peiniger und sagt dem gemeinsam mit ihm Gekreuzigten das Paradies zu.

Die Kraft des Lebens über den Tod hinaus lässt sich mit österlichem Blick schon erahnen.

Sämtliche Texte der Lesungen vom Palmsonntag (Lesejahr C) finden Sie hier.

Anzeige