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Bahnstreik und Bauernprotest beeinträchtigen derzeit den Alltag in Deutschland. Wie sind die Aktionen zu bewerten? Wo wären Grenzen überschritten? Wie lässt sich verhindern, dass die Aktionen von politischen Strömungen gekapert werden? „Kirche-und-Leben.de“ hat die Sozialethikerin Marianne Heimbach-Steins gefragt. Sie ist Professorin für Christliche Sozialwissenschaften an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster.
Frau Heimbach-Steins, die Bauern rufen angesichts geplanter Kürzungen bei Subventionen für Agrardiesel eine ganze Protestwoche aus, die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) streikt erstmals im aktuellen Tarifstreit mehrere Tage. Verändert sich gerade die Protestkultur in Deutschland?
Das ist schwer zu beurteilen. Aber dass wir zwei große Proteste parallel erleben, ist ein Zeichen dafür, dass der Druck steigt. Dass es eine Fülle von Problemen und große Herausforderungen gibt, denen sich die Gesellschaft und die Politik stellen müssen. Dieser Druck entlädt sich auf eine zulässige und wichtige Art im öffentlichen Protest. Demonstrations- und Versammlungsfreiheit sind Grundrechte, die Anerkennung und Schutz verdienen.
Unser Nachbarland Frankreich ist mit langen Streiks vertrauter. Bekommen wir französische Verhältnisse?
Das sehe ich so bisher nicht. In beiden Ländern gibt es unterschiedliche Traditionen, vielleicht wirkt in Frankreich die Revolutions-Erzählung bis heute nach. In der Bundesrepublik gibt es historisch eher eine Konsens-Kultur.
Trecker-Demos und Straßenblockaden durch Bauern sind zeitlich begrenzt, der Lokführer-Streik dagegen trifft anhaltend Millionen Menschen und löst erheblichen gesamtwirtschaftlichen Schaden aus. Wo sehen Sie eine Grenze von Streiks und Protesten erreicht?