Interview im „Spiegel“: Kirche soll sich mit eigenen Strukturen kritisch auseinandersetzen

Bischof Wilmer für „Kontrolle der Macht“ in katholischer Kirche

  • Bischof Heiner Wilmer fordert, dass sich die Kirche kritisch mit ihren Strukturen auseinandersetzt.
  • Um Klerikalismus zu vermeiden, sollte unter anderem getauften Frauen und Männern Verantwortung übertragen werden.
  • Beeindruckt zeigte sich der Bischof von den Initiativen und Ideen der Mitarbeiter in seiner Diözese während des Corona-Lockdowns.

Anzeige

Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer fordert „eine Kontrolle der Macht“ und weniger Klerikalismus in der katholischen Kirche. „Wir brauchen einen offenen Diskurs, eine Kirche, die sich kritisch mit ihren Strukturen auseinandersetzt, die teilweise noch aus feudalen Zeiten stammen“, sagte der Bischof im Interview von „Spiegel+“ (Dienstag). Klerikalismus bedeute, dass es eine losgelöste Macht von Geistlichen im System gebe. Um dies zu vermeiden, sollte unter anderem getauften Frauen und Männern Verantwortung übertragen werden.

Zur kürzlich vorgelegten Missbrauchs-Umfrage der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK) sagte der Bischof: „Dass die Zahlen erst jetzt erhoben und veröffentlicht werden konnten, hat auch mit der Anzahl und Unterschiedlichkeit der deutschen Ordensgemeinschaften zu tun.“ In seiner Zeit als Generaloberer der Herz-Jesu-Priester habe er in Fällen sexualisierter Gewalt mit staatlichen Behörden zusammengearbeitet.

 

Wilmer: Corona ist eine Offenbarung

 

Die Corona-Krise habe ihm gezeigt, dass Menschen in schwierigen Zeiten stärker zusammenhalten als viele vermuten, sagte Wilmer. „Corona ist eine Offenbarung.“ Von den Initiativen und Ideen der Mitarbeiter in seiner Diözese sei er beeindruckt gewesen. Seelsorger und karitative Initiativen der Kirche hätten auch während des Lockdowns viel getan.

„Zu Beginn der Pandemie herrschten Schockstarre und eine gewisse Lähmung, die dazu geführt haben, dass wir auf Abstand gingen“, erklärte Wilmer. „Wir konnten ja nicht das Leben predigen und zugleich fahrlässig damit umgehen.“ Kritiker werfen der Kirche vor, während der Phase der strengen Kontaktbeschränkungen im Frühjahr nicht präsent genug gewesen zu sein.

Anzeige