Nach 26 Jahren, 50 Transporten und 540 Tonnen Hilfsgütern

Darum beenden Cloppenburger Katholiken ihre Hilfstransporte nach Litauen

  • Der KKV (Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung) Cloppenburg hat seine Hilfstransporte nach Litauen eingestellt.
  • Seit 1996 hatten die Verbandsmitglieder 50 Transporte mit 540 Tonnen Hilfsgütern dorthin begleitet.
  • Doch sie führen die Partnerschaft mit Litauen über ein eigenes Schulprojekt weiter.

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Mitte September haben sie noch einen Lkw entladen. Es war der 50. Hilfstransport nach Litauen – der letzte. Denn die Ortsgemeinschaft Cloppenburg des KKV (Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung) stellt ihre Hilfstransporte ein, nach 26 Jahren. 540 Tonnen Hilfsgüter im Wert von 1,4 Millionen Euro haben sie seitdem dorthin gebracht. Unter anderem ein Altenheim in Mielagenai aufgebaut und eine Armenküche in Telsiai.

Eine Erfolgsgeschichte, wenn man die Zahlen betrachtet: 225.000 Kilometer auf osteuropäischen Straßen unterwegs, ohne Unfall. 1.914 Einsatztage von 27 KKV-Mitgliedern. 300.000 Euro Barspenden zusätzlich. Allein 200 Tonnen Kleidung und 100 Tonnen Lebensmittel transportiert, daneben 80 Tonnen Klinikausstattung, Pflegebetten etwa. Eine Erfolgsgeschichte. Aber warum hören die Männer vom KKV Cloppenburg dann auf?

Alte Helfer und wenig Spenden

Frage an Reinhold Wulfers, Sprecher im Litauenkreis des KKV. Ein Grund für ihn: Die Helfer sind in die Jahre gekommen. Der Älteste im Kreis ist 89, der Jüngste 69. Ein zweiter: Der Zufluss an Spenden für die Transporte ist versiegt. Spendenaufrufe für Litauen finden wenig Zuspruch. So die Sicht von Reinhold Wulfers.

Er betont aber auch: „Das ist nur für die Hilfstransporte das Ende.“ Seit 1996 sei durch die Vermittlung der litauischen Caritas viel Gutes für die Menschen auf dem Land erreicht worden. Und nur diese Hilfe sei nun zu Ende, sagt Wulfers.

Neu ist eine Schülerpatenschaft

Schüler der Gesamtschule Telsiai mit den Helfern aus Cloppenburg.
Schüler der Gesamtschule Telsiai mit den Helfern aus Cloppenburg. | Foto: Rainer Stratmann (KKV)

Der KKV habe zugleich aber früh nach einem zukunftsträchtigen Projekt gesucht und 2012 auch gefunden: eine Schülerpatenschaft. Der Verband aus Cloppenburg unterstützt damit begabte Schulkinder. Viele müssten die Schule vorzeitig verlassen, um Geld für ihre Familien zu verdienen. Mit der Hilfe aus Cloppenburg könnten sie einen höheren Schulabschluss erreichen.

Insgesamt hat der KKV schon 30 Kinder durch monatliche Zuschüsse unterstützt. Zurzeit fließt Geld an 14 Schüler der Oberschule Telsiai. Die Auswahl der Schüler geschieht vor Ort. Der Schulleiter, ein Sozialarbeiter, ein Lehrer und der Pfarrer übernehmen das. „Dieses Projekt können wir mit den vorhandenen Mitteln noch bis 2026 finanzieren“, betont Wulfers.

Der KKV Cloppenburg ist durch eine Mitgliederumfrage zur Litauenhilfe gekommen, wie Georg Kötter als langjähriger Sprecher des Litauenkreises berichtet. Auf die Frage nach gewünschten Aktivitäten wurde in erster Linie geantwortet: „aktives humanitäres Engagement“. Für Kötter damals „völlig überraschend“.

Caritas empfahl Litauen

Georg Kötter
Georg Kötter war lange das Gesicht der Litauenhilfe des KKV Cloppenburg. | Foto: Rainer Stratmann (KKV)

Er wandte sich mit dem KKV-Vorstand an die oldenburgische Caritas, die damals, Anfang der 1990er Jahre, gerade ihre Osteuropa-Hilfe aufbaute. Dort empfahl man ihnen ein Projekt in der Kleinstadt Mielagenai im Osten Litauens. Im März 1996 fuhr die erste Gruppe los.

Das Elend dort erschreckte Kötter. Für ihn sei sofort klar gewesen: „Wir müssen da helfen.“ Das war der Beginn der KKV-Partnerschaft. Über die Jahrzehnte fanden sich neben Georg Kötter immer mehr Helfer im KKV: Menschen, die auf in einer Polizeiwache arbeiten, als Elektroniker in der Systemtechnik oder eine Zoohandlung betreiben.

Herausforderungen bei Zoll und Fracht

Alles Menschen, denen internationale Zollpapiere und Frachtbestimmungen völlig fremd waren. Die auch nicht berechnen konnten, wie viele Paletten mit Hilfsgütern auf die Ladefläche eines Lastzugs passen. „33 sind das“, sagt Reinhold Wulfers heute.

Er sagt auch: „Irgendwie muss man gepackt sein von dieser Aufgabe, sonst geht das nicht.“ Und verweist auf KKV-Mitglieder, die noch mit 80 Jahren die 3.630 Kilometer nach Mielagenai fuhren und Hilfsgüter abluden.

Aufbau Altenheim beendet

Solche Hilfe brauche aber auch einen klaren Blick, betont Wulfers. Dafür, wann eine Aufgabe beendet sei. Der Punkt kam das erste Mal, als das erste Projekt des KKV, ein Altenheim, aufgebaut und eingerichtet war. Da habe man sich über die örtliche Caritas ein anderes Projekt gesucht: eine Armenküche in Telsiai.

Die Hilfe des KKV sei immer eine „Hilfe zur Selbsthilfe“ gewesen, sagt Wohlers. Inzwischen sei die Entwicklung Litauens durch internationale Finanzmittel gut fortgeschritten, die unmittelbare soziale Hilfe also weniger notwendig. Der KKV Cloppenburg fördere deshalb nun intensiv das Schulprojekt. „Denn Bildung bedeutet Zukunft.“

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