Priester ist Vorsitzender im Tafel-Trägerverein

Darum teilt in Nordenham auch der Pfarrer Lebensmittel aus

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Die „Nordenhamer Tafel“ versorgt Menschen in Not mit Lebensmitteln. Hunderte Menschen suchen ihre Hilfe. Getragen wird sie vom „Arbeitslosenzentrum“ der Stadt an der Wesermündung. Der erste Vorsitzende des Zentrums ist der katholische Pfarrer, Karl Jasbinschek.

Gut 850 Haushalte sind Kunden bei der Tafel in Nordenham, können den sogenannten Tafelausweis vorweisen. Das sind deutlich mehr als noch vor einigen Jahren, berichtet Karl Jasbinschek, Pfarrer der Gemeinde St. Willehad in Nordenham. Pro Haushalt könnten das ein Mensch sein oder auch zehn. In der Tafel geht man von über 2.000 Versorgten aus.

Dass der Pfarrer der Hafenstadt an der Unterweser sich so gut auskennt mit sozialen Problemen seiner Stadt, hat einen besonderen Grund: Er ist Vorsitzender des Vereins „Arbeitslosenzentrum Nordenham“, der die Tafel betreibt. Ein Verein, der nichts mit der Caritas zu tun habe, nicht kirchlich im klassischen Sinn sei, wie Jasbinschek betont.

Verein mit nur neun Mitgliedern

Dieser Verein hat nur neun Mitglieder: die vier evangelischen Kirchengemeinden, die katholische, die Ortsvereine von DGB, IG Metall und Verdi sowie die Stadt Nordenham. Neun Mitglieder, jede durch eine Person vertreten. Die katholische Gemeinde St. Willehad durch Pfarrer Jasbinschek – seit 2020 der Vorsitzende des Vereins. Die Finanzierung des Vereins läuft über Spenden und einen Zuschuss der Stadt.

„Aber der Verein ist nicht meine Idee“, wehrt er ab. Die Gründung geht auf einen Maschinenschlossermeister zurück, der im Dezember 1985 den Anstoß gab. Fred Memenga gründete mit einer evangelischen Kirchengemeinde das Arbeitslosenzentrum, warb anschließend Gewerkschaften und andere Kirchengemeinden auf dem Stadtgebiet für den Trägerverein an. Der Betrieb einer Teestube und einer Sozialberatung sollten die Aufgaben sein. Als Memenga 2020 die Aufgabe altersbedingt niederlegte, wählten die Vereinsmitglieder Pfarrer Jasbinschek zum Vorsitzenden.

Arbeitslosigkeit in Nordenham hoch

 

Bei der Gründung des Zentrums in den 1980er Jahren war Arbeitslosigkeit ein großes Problem an der Küste; mehr als 16 Prozent betrug die Arbeitslosenquote in Nordenham. Die liegt heute bei rund 6,5 Prozent, immer noch doppelt so hoch wie etwa im Landkreis Vechta. Soziale Probleme und damit Arbeit für das Zentrum gibt es in Nordenham genug, versichert Pfarrer Jasbinschek.

Die Sozialberatung gibt es immer noch im Arbeitslosenzentrum, Süntka Janßen ist da hauptberuflich zuständig. Inzwischen sei aber die 2005 gegründete „Nordenhamer Tafel“ ein Schwerpunkt der Arbeit. Nach dem Zustrom von Flüchtlingen aus der Ukraine sei die Nachfrage nach den Lebensmitteln dort zudem enorm gestiegen. Jasbinschek weiß das aus eigenem Erleben, denn gelegentlich teilt er selbst an der Theke die Lebensmittel aus.

Lebensmittel reichen für Tafel nicht mehr aus

Das ist nicht die Hauptaufgabe, die der katholische Pfarrer bei diesem ungewöhnlichen Zentrum hat. Als Vorsitzender des Vereins liegt die Außenvertretung bei ihm, auch das Werben um Geldspenden sei wichtiger geworden. Denn die Restbestände an Lebensmitteln, die von Händlern kommen, werden weniger; dort sei man bei Einkauf und Verwaltung viel genauer als früher. Dann müsse die Tafel Lebensmittel dazukaufen, „damit wir ein ausgewogenes Angebot machen können“. Allein im vergangenen Oktober habe man dafür gut 2.000 Euro ausgegeben, berichtet Jasbinschek.

Die alltägliche Betreuung der Tafel liegt in den Händen von Denise Smith, die beim Arbeitslosenzentrum dafür als Koordinatorin angestellt ist. Sie berichtet von der Entwicklung des Projekts: „Die Zahlen sind in den vergangenen zehn Jahren explodiert.“ Inzwischen gebe die Tafel nicht mehr nur in Nordenham Lebensmittel aus, sondern auch an drei Nachbarorten in der Wesermarsch, Brake, Butjadingen und Burhave. Zudem liefere die Tafel Lebensmittel auch an Einrichtungen für Obdachlose in der Stadt.

Leiterin legt Erfolgsgeschichte hin

Möglich sei das nur durch einen festen Stamm von ehrenamtlichen Helfern. Gut 40 seien im alltäglichen Betrieb dabei. Eine bunte Truppe, wie Denise Smith berichtet. Bei der es auch Erfolgsgeschichten gibt. Denn Denise Smith zum Beispiel ist einen ungewöhnlichen Schritt gegangen.

Vor 14 Jahren kam sie alleinerziehend mit zwei kleinen Kindern nach Nordenham. In der Zeit bis zur Bewilligung staatlicher Mittel sei sie Kundin der Tafel geworden. Später half sie als Ehrenamtliche mit, wurde dann Ein-Euro-Kraft, schließlich fest angestellt. Heute sagt sie: „Man muss nur an sich glauben und durchhalten.“

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