Ehemalige Pfarrkirche in Nordenham an koptische Gemeinde verkauft

Rolle rückwärts: In profanierte Kirche zieht wieder geistliches Leben ein

  • Die ehemalige Pfarrkirche Herz Jesu in Nordenham-Einswarden stand sechs Jahre leer.
  • Jetzt hat die Pfarrgemeinde St. Willehad Nordenham einen Käufer gefunden.
  • Am 1. Dezember hat das koptisch-orthodoxe Bistum Norddeutschland das Gelände gekauft.

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„Eine Kirche ohne Leben.“ So beschreibt sie Karl Jasbinschek, Pfarrer von St. Willehad Nordenham. Er meint die kleine Herz-Jesu-Kirche im Stadtteil Einswarden, die sechs Jahre leer stand. Eine kleine Kirche mit 100 Sitzplätzen in einem Industrieviertel an der Wesermündung. Daneben Pfarrhaus und Gemeindezentrum – ebenfalls geschlossen.

Umso freudiger berichtet er: „Wir freuen uns, dass dort wieder geistliches Leben stattfindet.“ Darauf habe die Gemeinde lange hingearbeitet.

Mönch wird in Nordenham stationiert

Für geistliches Leben wird dort ab dem kommenden Jahr das koptisch-orthodoxe Bistum Norddeutschland sorgen. Es will dort ein geistliches Zentrum errichten und einen Mönch stationieren. Die Gemeinde St. Willehad und das koptische Bistum sind sich einig, zurzeit wird ein notarieller Vertrag vorbereitet.

Eine aktive, lebendige Gemeinde, so sieht Pfarrer Jasbinschek St. Willehad durchaus. Aktiv in der Diaspora, mit katholischem Kindergarten, katholischer Grundschule und Gemeindecaritas.

Ein typisches Zeichen für Einsatzbereitschaft sei etwa: „Bei der Pfarreiratswahl im November hatten wir doppelt so viele Kandidaten wie verfügbare Plätze.“ Er weiß, dass das durchaus nicht überall im Bistum so war.

Kirche 2015 geschlossen

Pfarrer Karl Jasbinschek hat mit seiner Gemeinde in Nordenham lange nach einer guten Lösung für die Kirche in Einswarden gesucht. | Foto: bpv
Pfarrer Karl Jasbinschek hat mit seiner Gemeinde in Nordenham lange nach einer guten Lösung für die Kirche in Einswarden gesucht. | Foto: bpv

Wieso stand dann die kleine Kirche in Einswarden leer? In diesem Vorort habe es schon lange wenig kirchliches Leben mehr gegeben, berichtet Jasbinschek. Sein Vorgänger habe Kirche und Gemeindezentrum deshalb 2015 geschlossen. 2019 sorgte Pfarrer Jasbinschek dann für die Feier der offiziellen Profanierung. „Wir brauchten noch einen würdigen Abschied von dieser Kirche.“

Ein schlichter Backsteinbau von 1928 stand jetzt nur noch da, das Pfarrhaus angebaut, daneben das Pfarrzentrum. Pfarrer Jasbinschek sagt nüchtern: „Selbst wenn wir saniert und umgebaut hätten – Menschen hätten wir dort dann auch nicht gehabt.“ Für ihn ist klar: „Wenn eine Kirche nicht mehr besucht wird von betenden Menschen bei einem Gottesdienst, dann ist ihre Aufgabe auch in einem guten Sinn abgelaufen.“

Kirche unter Denkmalschutz

Schließlich sei eine Gemeinde „keine Hüterin von Gebäuden um jeden Preis“, so Jasbinschek. „Katholiken richten den Blick auf Gegenwart und Zukunft und nicht in die Vergangenheit.“

Gegenwart und Zukunft des Gemeindelebens sind auch vom Leben an der Küste und in der Fläche der Wesermarsch bestimmt, einer beliebten Ferienregion mit mehr als 1,2 Millionen Übernachtungen im Jahr. Dort betreibt die Gemeinde inzwischen sogar eine eigene Kapelle für die Urlauberseelsorge.

Die Kirche Herz Jesu stand also leer, eine neue Nutzung war für das unter Denkmalschutz stehende Gebäude schwer zu finden. Ein Abriss wie noch im Frühjahr in Oldenburg St. Bonifatius stand nicht zur Debatte.

Bildungs- und Exerzitienstätte geplant

Pfarrer Karl Jasbinschek und Bischof Anba Damian (Dritter und Vierter von links) mit Mitgliedern der koptischen Gemeinde bei ihrem Besuch in Nordenham | Foto: Marion Richter (Gemeinde St. Willehad Nordenham)
Pfarrer Karl Jasbinschek und Bischof Anba Damian (Dritter und Vierter von links) mit Mitgliedern der koptischen Gemeinde bei ihrem Besuch in Nordenham | Foto: Marion Richter (Gemeinde St. Willehad Nordenham)

Vermittelt von Weihbischof Wilfried Theising kam Jasbinschek in Kontakt mit dem koptisch-orthodoxen Bistum Norddeutschland. Er verhandelte mit Bischof Abda Damian aus Höxter. Denn der war interessiert, das 7.000 Quadratmeter große Gelände zu erwerben und die Gebäude zu nutzen.

Nach einem Besuch des Bischofs in Nordenham beschloss der Kirchenausschuss St. Willehad am 26. Mai, die Anlage an die Kopten zu übergeben. Zum Preis will sich Pfarrer Jasbinschek nicht äußern, verweist hier nur auf den Sanierungsbedarf der Gebäude.

Gegenüber „Kirche-und-Leben.de“ äußerte sich Bischof Abda Damian hocherfreut über den anstehenden Verkauf. Sein Bistum wolle dort keine klassische Gottesdienstkirche einrichten. Vielmehr solle dort ein „Retreat-Center“, eine geistliche Bildungs- und Exerzitienstätte entstehen, mit einem besonderen Schwerpunkt für Kinder und Jugendliche.

Einzige koptische Gemeinde im Bistum Münster

Wichtig sei dem koptisch-orthodoxen Bistum eine enge ökumenische Zusammenarbeit mit der katholischen Gemeinde, betonte Bischof Abda Damian. So seien viele Formen gemischter Angebote denkbar.

Als möglichen Einzugsbereich nannte der Bischof die koptischen Gemeinden in Hamburg, Bremen, Hannover und Wilhelmshaven. In Wilhelmshaven feiern die Kopten ihre Gottesdienste in der früheren katholischen Kirche Stella Maris. Das ist die einzige koptische Gemeinde im Bistum Münster.

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