Eine Serie von Pfarrer Stefan Jürgens

Die kleine Gebetsschule (31): Herzensgebet – durchatmen mit Jesus

Wegen der Corona-Krise gibt es derzeit keine öffentlichen Gottesdienste. Pfarrer Stefan Jürgens aus Ahaus lädt deshalb zu einer kleinen Gebetsschule für zu Hause ein. Jeden Morgen ab 7.30 Uhr. Heute mit Teil 31.

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Wegen der Corona-Krise gibt es derzeit keine öffentlichen Gottesdienste. Pfarrer Stefan Jürgens aus Ahaus lädt deshalb zu einer kleinen Gebetsschule für zu Hause ein. Die Impulse bauen aufeinander auf. „Das persönliche Gebet ist mir ein Herzensanliegen“, sagt Jürgens. Viele hätten jetzt Zeit dafür. Jeden Morgen ab 7.30 Uhr gibt es an dieser Stelle eine neue Folge seiner "kleinen Gebetsschule".

Eine ganz eigenwillige, einfache und doch sehr intensive Gebetsform stammt aus der Ostkirche: das Jesusgebet. Die „Aufrichtigen Erzählungen eines russischen Pilgers“ berichten, wie jemand dieses Gebet lernt. Es besteht darin, mündlich oder im Innern unaufhörlich ein kurzes Gebet zu wiederholen: „Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner.“ Das Wort Jesus, verstanden als heiliger Name, steht hier im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Bringt man das Gebet in Einklang mit dem Rhythmus des Atems, so löst sich das Bewusstsein allmählich von dem, was die Stille und das Schweigen des Herzens stören kann, und sammelt sich auf Anbetung hin: beim Einatmen spricht man „Herr Jesus Christus“, so als wolle man den Geist des Herrn in sich einlassen, beim Ausatmen spricht man „erbarme dich meiner“, so als könne das Erbarmen des Herrn unmittelbar Gelassenheit und Leichtigkeit schaffen. Wichtig ist, alle Gedanken, Gefühle und Wünsche auf den Namen Jesus hin zu konzentrieren.

Eine Hilfe bei der Sammlung und Konzentration auf den Namen Jesus können ein abgedunkelter und geräuschloser Raum sein, eine Gebetsschnur zur Einhaltung des Rhythmus’; eine ruhige, gelassene Körperhaltung, die geistige Präsenz und Ehrfurcht vor dem Geheimnis Gottes zum Ausdruck bringt, wie z.B. das Sitzen auf einem Gebetshocker. Neben der Verbindung des Gebetswortes mit dem Ein- und Ausatmen gibt es auch eine Verbindung mit dem Rhythmus des Herzschlages, oder man legt bei der Anrufung des heiligen Namens die rechte Hand auf das Herz.

 

Meine Gedanken sind wie Wolken

 

Pfarrer Stefan Jürgens.
Pfarrer Stefan Jürgens (51) ist Pfarrer in Ahaus. Bekannt geworden ist er auch als Buch-Autor, vor allem durch sein jüngstes Buch "Ausgeheuchelt". | Foto: Christof Haverkamp

Bei der Fülle von Gedanken, Bildern und Vorstellungen, die durch den Kopf rasen und die Konzentration mindern, ist es hilfreich, diese einfach „kommen zu lassen“, anstatt sie durch Willensanstrengung zu bekämpfen. Man lässt die vielen Gedanken zunächst kommen, um sie in Ruhe weiterziehen zu lassen; schließlich ist die Aufmerksamkeit beim Herrn, ohne sich besonders anzustrengen. Ich selbst stelle mir meine vielen Gedanken, die mich ablenken wollen, häufiger als Wolken vor: kleine weiße oder hohe dunkle Gewitterwolken, je nachdem. Aber ich lasse sie in Ruhe weiterziehen, „weil ich sie jetzt nicht brauche“, bis der Himmel vor meinem inneren Auge frei und blau ist. Schließlich ist mein Herz frei und leer für das Jesusgebet, die Ausrichtung auf den Herrn. Ich komme dann ohne Bilder aus, bete regelmäßig, ruhig und rhythmisch, frei von Phantasie und Einbildung. Ich bin da vor Ihm, das genügt. Schließlich wird aus dem noch mündlich gesprochenen Gebet ein geistiges, nur noch im Innern vollzogenes.

Wenn die Anrufung des heiligen Namens vom Geist ins Herz hinabgestiegen ist, spricht man vom Herzensgebet: nicht mehr ich spreche zu Ihm – das ist das „angestrengte“ Gebet, sondern Er spricht in der Mitte meines Herzens zu mir – das ist das „selbsttätige“ Gebet, das „immerwährende“ Gebet, das nur ganz selten gelingt. Es ist eine Gnade, so zu beten, und nicht das Ergebnis einer bestimmten Technik. Wer ruhig werden möchte, der versuche es deshalb mit dem gesprochenen Jesusgebet, vielleicht mit dem Rhythmus des Ein- und Ausatmens.

Die Ruhe, die das Gebet schenkt, ist schon eine besondere Erfahrung, ein großes Geschenk.

Bis morgen!
Stefan Jürgens

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