Laut Berichten seien Betroffene instrumentalisiert worden

Erzbistum Köln: Stadtdechanten fordern Woelki-Erklärung zu PR-Strategie

  • Die Krise im Erzbistum Köln geht weiter: Die Stadtdechanten von Köln und Bonn fordern eine Erklärung von Kardinal Woelki zu Berichten über eine PR-Strategie während der Missbrauchsaufarbeitung.
  • Der Kölner Stadtdechant Robert Kleine sprach von einer möglichen „moralischen Bankrotterklärung der Bistumsleitung“.
  • Update: Auch der Wuppertaler Stadtdechant Bruno Kurth unterstützt die Forderung nach einer Erklärung Woelkis.

Anzeige

Ranghohe Kirchenvertreter des Erzbistums Köln fordern eine Erklärung von Kardinal Rainer Maria Woelki zu Berichten über die PR-Strategie der Bistumsleitung während der Missbrauchsaufarbeitung. Sollte die Strategie, die der „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Freitag enthüllt hatte, tatsächlich von Woelki so gebilligt worden sein, entspräche dies „einer moralischen Bankrotterklärung der Bistumsleitung“, schrieb der Kölner Stadtdechant Robert Kleine am Montagabend auf Facebook. Das Erzbistum und der Kardinal „können und dürfen sich jetzt keine Kommunikationsfehler mehr leisten und müssen klar benennen, was Auftrag der PR-Berater war“.

Als Stadtdechant ist Kleine Vertreter der katholischen Kirche in der Stadt Köln. Sein Amtskollege in Bonn, Wolfgang Picken, forderte ebenfalls eine Stellungnahme des Erzbischofs. Sollten die Vorwürfe aus dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ zutreffen, werde die Krise im Erzbistum vermutlich einen neuen Tiefpunkt erreichen, warnte Picken: „Wenn der Betroffenenbeirat des Erzbistums bewusst instrumentalisiert worden ist, macht das den bereits im Raum stehenden Vorwurf verständlich, Kardinal Woelki habe Missbrauchsopfer erneut missbraucht und ihre Retraumatisierung in Kauf genommen.“

Auch der Wuppertaler Stadtdechant Bruno Kurth verlangte eine Erklärung. „Die geschilderten Vorgänge würden, sollten sie sich als wahr herausstellen, allem ehrlichen Bemühen in unseren Gemeinden und im Bistum um Aufklärung und Aufarbeitung des sexuellen Missbrauches massiv schaden“, teilte er mit. Mit Blick auf die PR-Strategie sagte er, Betroffene würden durch diese „Instrumentalisierung“ noch einmal in ihrer Würde verletzt.

Betroffene kritisieren Kölner PR-Strategie

Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte über interne Unterlagen von Woelkis PR-Beratern berichtet. Demnach rieten die Fachleute dem Kardinal und seinem damaligen Generalvikar Markus Hofmann unter anderem, den Betroffenenbeirat des Erzbistums auf ihre Linie zu bringen, was einen Gutachter-Wechsel im Oktober 2020 anging. Die Berater sollen Tipps gegeben haben, wie dieses Ziel zu erreichen und die Betroffenen zu überzeugen seien. Später zogen sich mehrere Mitglieder des Betroffenenbeirats aus dem Gremium zurück. Sie seien bei der Zustimmung zu dem Gutachter-Wechsel überrumpelt worden und fühlten sich ein zweites Mal missbraucht.

Mehrere Betroffenenvertreter kritisierten am Wochenende die nun enthüllte Strategie, während die PR-Berater das Vorgehen verteidigten. Das Erzbistum selbst wollte sich zu den „vertraulichen Papieren“ nicht äußern. Zwischen 2019 und 2021 hatte es 820.000 Euro für die Kommunikationsberatung des in die Vertrauenskrise geratenen Kardinals ausgegeben.

Entscheidung über Woelki-Rücktritt steht aus

Vor rund einem Jahr schaltete sich Papst Franziskus in die Kölner Vorgänge ein und hielt nach einer Untersuchung fest, dass Woelki „große Fehler“ vor allem in der Kommunikation gemacht habe. Der Kardinal bot nach Aufforderung des Papstes seinen Rücktritt an, über den Franziskus noch entscheiden muss.

Vierter Stadtdechant fordert Erklärung
Im Erzbistum Köln mehrt sich die Kritik aus den eigenen Reihen. Nach ranghohen Kirchenvertretern aus Köln, Bonn und Wuppertal fordert auch der Düsseldorfer Stadtdechant Frank Heidkamp eine Stellungnahme von Erzbischof Rainer Maria Woelki zu jüngsten Berichten über die PR-Strategie der Bistumsspitze und den Umgang mit Missbrauchsbetroffenen. "Einen Betroffenenbeirat zu instrumentalisieren und Journalisten zu manipulieren, geht für mich gar nicht", sagte Heidkamp der "Rheinischen Post". Ein Stadt- oder Kreisdechant ist der oberste Vertreter der katholischen Kirche in einer Stadt oder einem Kreis. Im Erzbistum Köln gibt es 15 Priester, die diese Aufgabe wahrnehmen. | KNA

Updates: 13 Uhr Reaktion des Wuppertaler Stadtdechanten Kurth ergänzt, 10. August Reaktion des Düsseldorfer Stadtdechanten Heidkamp ergänzt.

Anzeige