Reaktion auf Enthüllungen zum Umgang mit Missbrauchsfällen

Betroffene: Woelkis PR-Strategie „menschenverachtend und verwerflich“

  • Der Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz reagiert mit Empörung auf eine Veröffentlichung zur PR-Strategie des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki für den Umgang mit Opfern sexualisierter Gewalt.
  • „Das Erzbistum Köln und allen voran sein Erzbischof haben den eigenen Betroffenenbeirat für profane Zwecke instrumentalisiert“, sagte Beiratssprecher Johannes Norpoth.
  • „Sie haben in nahezu menschenverachtender Art und Weise die Betroffenen sehenden Auges einer massiven Retraumatisierungsgefahr ausgesetzt.“

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Der Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz reagiert mit Empörung auf eine Veröffentlichung zur PR-Strategie des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki für den Umgang mit Opfern sexualisierter Gewalt. „Das Erzbistum Köln und allen voran sein Erzbischof haben den eigenen Betroffenenbeirat für profane Zwecke instrumentalisiert. Sie haben in nahezu menschenverachtender Art und Weise die Betroffenen sehenden Auges einer massiven Retraumatisierungsgefahr ausgesetzt“, sagte Beiratssprecher Johannes Norpoth dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Ein solches Verhalten sei „gleichermaßen schändlich wie verwerflich“.

Die Zeitung hatte über interne Unterlagen von Woelkis PR-Beratern berichtet. Demnach rieten die Fachleute dem Kardinal und seinem damaligen Generalvikar Markus Hofmann unter anderem, den Betroffenenbeirat des Erzbistums auf ihre Linie zu bringen mit Blick auf den Gutachter-Wechsel bei der Aufarbeitungsstudie im Oktober 2020.

Vorwurf der Instrumentalisierung „vollumfänglich bestätigt“

Die Fachleute sollen Tipps gegeben haben, wie das Ziel zu erreichen und die Betroffenen zu überzeugen seien. Später zogen sich mehrere Mitglieder des Betroffenenbeirats aus dem Gremium zurück. Sie seien bei der Zustimmung zum Gutachter-Wechsel überrumpelt worden und fühlten sich ein zweites Mal missbraucht.

Norpoth erinnerte daran, dass diese Betroffenen schon damals den Vorwurf der Instrumentalisierung erhoben hätten: „Entgegen allen bisherigen Dementis aus dem Erzbistum haben sich spätestens jetzt diese Vorwürfe vollumfänglich bestätigt.“

„Schutz der Institution immer noch mehr wert“

Der Beiratssprecher kritisierte zudem ein „Missverhältnis“ zwischen den Ausgaben für „Eigenschutz des Erzbistums und seines Bischofs“ und den Anerkennungsleistungen für Betroffene: „Auch hier wird wieder einmal mehr als deutlich: Der Schutz von Institution und Würdenträgern ist dieser Kirche mehr wert als die finanzielle Anerkennung des Leids, das Betroffene durch Missbrauchstaten, Vertuschung und Strafvereitelung bis heute zu tragen haben.“

Norpoth forderte außerdem, Bischöfen die Verantwortung für Betroffenenarbeit und Aufarbeitung zu entziehen und in unabhängige Hand zu geben. Mit der Schaffung geeigneter und vor allem unabhängiger Strukturen könne die Bischofskonferenz dann an Aufarbeitung, Prävention und Schadensausgleich tatkräftig mitwirken: „Aber eben als Täterorganisation ohne Einfluss und Macht auf Inhalte und Mitarbeitende, auf Studienergebnisse und deren Veröffentlichung.“

Betroffener Haucke: Woelki und weitere Verantwortliche müssen gehen

Eines der Mitglieder, die nach den Vorgängen um den Gutachter-Wechsel den Kölner Betroffenenbeirat verlassen hatte, ist Karl Haucke. Angesichts des neuen Berichts über Woelkis PR-Strategie forderte er dessen Rücktritt.

Der Kardinal habe die Betroffenen für seine Interessen benutzt, so Haucke. Das sei mit Demütigung und Ohnmacht verbunden – ebenso wie die Missbrauchstaten selbst.

Er forderte weitere personelle Konsequenzen auf Ebene des mittleren Managements im Erzbistum. So habe etwa die Interventionsstelle bei der Umsetzung der PR-Strategie offenbar nur zugesehen.

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