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Das Erzbistum Köln hat der Münchner Kanzlei „Westpfahl Spilker Wastl“ den Auftrag für seine unabhängige Missbrauchsstudie entzogen. Das Ende der Zusammenarbeit sei notwendig geworden, weil die im Dezember 2018 beauftragte Kanzlei „die Anforderungen an die unabhängige Untersuchung nach wie vor nicht erfüllt“, teilte das Erzbistum mit. Die Entscheidung teilte das Erzbistum in einer gemeinsamen Erklärung mit dem Betroffenenbeirat mit.
Das Erzbistum Köln hat der Münchner Kanzlei „Westpfahl Spilker Wastl“ den Auftrag für seine unabhängige Missbrauchsstudie entzogen und damit den Kölner Strafrechtsexperten Björn Gercke beauftragt. Die Studie über den Umgang der Bistumsspitze mit Missbrauchsfällen solle spätestens bis zum 18. März 2021 veröffentlicht werden, teilte das Erzbistum mit.
Die ursprünglich für den 12. März diesen Jahres angesetzte Präsentation war kurzfristig abgesagt worden. Die geplante Benennung von Fehlverhalten ehemaliger oder aktiver Entscheidungsträger sei noch rechtlich abzusichern, hieß es damals.
Die Vorwürfe des Erzbistums
Laut Erzbistum verantwortet Gercke eine vollständige Neufassung der Untersuchung. Das Ende der Zusammenarbeit mit „Westpfahl Spilker Wastl“ sei notwendig geworden, weil die im Dezember 2018 beauftragte Kanzlei „die Anforderungen an die unabhängige Untersuchung nach wie vor nicht erfüllt“.
Sie sei wiederholt an ihrem Versprechen und am Anspruch der Betroffenen sowie des Erzbistums gescheitert, eine umfassende Aufarbeitung der persönlichen Verantwortlichkeiten in Form eines rechtssicheren und belastbaren Gutachtens zu erreichen und einen zur Veröffentlichung geeigneten Bericht zu erstellen. „Alle Bitten um konstruktive und methodische Nachbesserungen wurden vonseiten Westpfahl Spilker Wastl entweder nicht umgesetzt oder blieben deutlich hinter den notwendigen Maßnahmen zurück“, so das Erzbistum.
Münchner Kanzlei: Unsere Ergebnisse könnten veröffentlicht werden
Die Münchner Kanzlei erklärte in einer Reaktion, das ihre Ergebnisse jederzeit veröffentlicht werden könnten. „Westpfahl Spilker Wastl“ sei jederzeit bereit gewesen, die angeblichen äußerungsrechtlichen Bedenken zu prüfen und gegebenenfalls zu berücksichtigen. Die Ausführungen dazu seien „Westpfahl Spilker Wastl“ erst heute übermittelt worden, ebenso ein Gutachten zu den methodischen Standards.
Das Erzbistum äußerte sich in einer gemeinsamen Erklärung mit dem Betroffenbeirat der Erzdiözese, in dem Missbrauchsopfer mitwirken. Mit dem Gremium hatten der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki und Generalvikar Markus Hofmann am Donnerstag über den Fortgang der Untersuchung beraten und eine einvernehmliche Entscheidung getroffen, wie es hieß. Dieser liege eine wissenschaftliche Einschätzung des Münchner Gutachtens durch den Erlanger Kriminologen Franz Streng und dem Richter am Frankfurter Oberlandesgericht, Matthias Jahn, zugrunde.
Woelki: Unser Weg war nicht frei von Fehlern
Darin heiße es: „Das Gutachten der Rechtsanwälte Westpfahl Spilker Wastl leidet an durchgreifenden methodischen Mängeln.“ Es sei „keine taugliche Grundlage“ für die Benennung persönlicher Verantwortlichkeit von Entscheidungsträgern durch Tun oder pflichtwidriges Unterlassen nach kirchlichem und staatlichem Strafrecht.
„In den letzten Monaten haben wir wertvolles Vertrauen bei den Betroffenen verloren“, erklärte Woelki. „Unser Weg war nicht frei von Fehlern.“ Er sei zuversichtlich, dass „die neue Konstellation der Gutachter zu einem belastbaren und rechtssicheren Ergebnis kommen wird“.
Betroffenenbeirat: Wir haben zur Beendigung der Zusammenarbeit geraten
Der Sprecher des Betroffenenbeirats, Patrick Bauer, zeigte sich „enttäuscht und wütend“ über die Arbeit der Münchener Kanzlei. „Wir haben dem Kardinal geraten, die Zusammenarbeit mit Westpfahl Spilker Wastl sofort zu beenden und Schadensersatz zu fordern.“
Vereinbart ist den Angaben zufolge, dass der neu beauftragte Gercke den Betroffenenbeirat über die jeweiligen Untersuchungsschritte transparent informiert. Ein erstes Gespräch finde im Dezember statt. Es bleibe dabei, dass der Inhalt des Berichts weder Woelki noch Hofmann oder anderen Verantwortungsträgern des Erzbistums vorab bekannt wird.
Kanzlei arbeitet auch für das Bistum Aachen
Auch das Bistum Aachen hatte „Westpfahl Spilker Wastl“ mit einer ähnlichen Untersuchung beauftragt. Die Ergebnisse sollen nach einer Ankündigung der Kanzlei im November präsentiert werden. Dazu wurden laut Diözese alle Personalakten aus der Zeit zwischen 1965 bis 2019 - insgesamt mehr als 30.000 Dokumente - an die Kanzlei übergeben.
Update 17.20 Uhr: Reaktion „Westpfahl Spilker Wastl“