Auch katholische Einrichtungen verzeichnen deutlich weniger Bewerbungen

Ganzer Abi-Jahrgang fehlt in Niedersachsen für Freiwilligendienste

Wegen der Umstellung der Gymnasialzeit auf neun Jahre gibt es in Niedersachsen 2020 nur wenige Abiturienten. Das spüren auch die Freiwilligendienste. Und dann ist da ja auch noch Corona.

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Deutlich weniger junge Leute als sonst haben sich bisher für das kommende Jahr beworben – so lautet die aktuelle Zwischenbilanz der Katholischen Freiwilligendienste im Oldenburger Land (KFWD). Wie Geschäftsführer Frank Tönnies auf Nachfrage von „Kirche-und-Leben.de“ mitteilte, stecken derzeit etwa 150 junge Leute im Bewerbungs- und Vergabeverfahren für die insgesamt 340 vom KFWD betreuten Plätze in einem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) oder für den Bundesfreiwilligendienst (BFD). Im Mai 2019 waren es um diese Zeit bereits 200 Bewerber.

Als Hauptursache sieht Tönnies die Verlängerung der Gymnasialzeit von acht auf neun Schuljahre in Niedersachsen. Dadurch falle 2020 ein Abitur-Jahrgang komplett weg. Abiturienten machen mehr als 30 Prozent der Freiwilligen aus.

 

Junge Leute entscheiden sich später

 

Frank TönniesFrank Tönnies ist seit 2011 Geschäftsführer der Katholischen Freiwilligendienste im Oldenburger Land gGmbH (KFWD) in Vechta. | Foto: Michael Rottmann

Wie weitreichend die Folgen insgesamt am Ende sein werden und ob sich zusätzlich auch die Corona-Pandemie auf die Nachfrage auswirke, vermag Tönnies im Moment noch nicht zu sagen. Das liegt auch an einem Trend, den er in den vergangen Jahren beobachtet: „Junge Leute entscheiden sich immer später.“

Dennoch geht Tönnies davon aus, dass im laufenden Jahr Freiwillige fehlen werden. „Da muss man realistisch bleiben“, erklärte er. Ein Minus von lediglich 70 Teilnehmern sei da möglicherweise schon ein Erfolg. Zumal er für 2021 wieder von einer Rückkehr zum Normalzustand und deutlich größerer Nachfrage ausgeht. „Weil wir es dann ja wieder mit einem normalen Abitur-Jahrgang zu tun haben.“

 

Auch Freiwilligendienste spüren Corona-Pandemie

 

Auch wenn unklar ist, welche Auswirkungen die Corona-Krise auf die Bewerberzahl hat – die aktuellen FSJ- und BFD-Teilnehmer spüren sie schon jetzt. So können etwa die obligatorischen Begleitseminare im Moment nicht stattfinden. Jeder absolviert normalerweise fünf solcher Kurse, jeweils von montags bis freitags.

Weil alle Bildungshäuser seit Wochen geschlossen sind, musste Tönnies bisher zehn  schon Kurse absagen. Als Alternative haben die KFWD-Mitarbeiter digitale Angebote entwickelt:  Videokonferenzen, Angebote über Instagram. „Das wird auch genutzt“, sagt Frank Tönnies. Ideal sei die Lage dennoch nicht.

 

Freiwillige machen sich Sorgen

 

Beruhigen konnte das KFWD-Team in den vergangenen Wochen verunsicherte Teilnehmer. Zum Beispiel, wenn sie sich besorgt fragten: „Was passiert, wenn der Kindergarten, in dem ich arbeite, schließt? Gehe ich dann in Kurzarbeit?“

Tönnies erklärte dazu: „Sie werden entweder freigestellt und können ohne Gehaltseinbußen auf Abruf zu Hause bleiben. Oder sie erledigten gemeinsam mit den Erzieherinnen andere  notwendige Dinge.“ Die Teilnehmer, egal ob im Freiwilligen Sozialen Jahr oder  im Bundesfreiwilligendienst, erhalten pauschal 375 Euro im Monat.

 

Auch Ältere leisten Freiwilligendienst

 

Der KWFD vermittelt und begleitet pro Jahr 340 Bewerber. 325 Plätze sind gedacht für die Altersgruppe bis 27 Jahre, 15 weitere für ältere. Die meisten sind eingesetzt in der Behindertenhilfe, zum Beispiel bei den beiden größten katholischen Trägern im Offizialatsbezirk: beim Andreaswerk Vechta und beim Caritasverein Altenoythe.

Frühestens nach Beendigung der Vollzeit-Schulpflicht können Jugendliche ein Freiwilliges Soziales Jahr oder den Bundesfreiwilligendienst antreten. In Niedersachsen also nach dem 9. Schuljahr. Die Jüngsten sind dann etwa 15 Jahre alt.  Frauen stellen mit 70 Prozent der Teilnehmer die Mehrheit. „Der Anteil der Männer ist in den letzten Jahren aber gestiegen“, sagt Tönnies.

 

Im NRW-Teil ist der FSD für Freiwillige zuständig

 

Der oldenburgische Landes-Caritasverband und der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im Oldenburger Land haben 2011 gemeinsam die KFWD für die Organisation und Begleitung der katholischen Freiwilligendienste im niedersächsischen Teil des Bistums Münster gegründet. Im NRW-Teil des Bistums kümmern sich darum in ähnlicher Weise die Freiwilligen Sozialen Dienste (FSD) Bistum Münster.

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