Zum Start des Weltkirche-Treffens im Vatikan

Gebt der Weltsynode eine Chance!

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Vor Beginn der Weltsynode hat „Kirche-und-Leben.de“ vier renommierte Journalisten und Publizisten um ihre Einschätzung gebeten. Den Anfang macht Stefan von Kempis, Leiter des deutschsprachigen Programms von Radio Vatikan in Rom.

Selten war vor einer Bischofssynode das Rätselraten, was bei dem Prozess herauskommen könnte, so groß wie diesmal. „Ich habe keine Ahnung, womit ich rechnen soll und in welche Richtung das geht“, sagt ein Kardinal gesprächsweise. Ein weiterer Kardinal, der eng in die Synodenvorbereitung eingebunden ist, bemerkt gleichfalls off the records, hier werde gerade „ein entscheidender Schritt hin zu einem Konzil“ getan – und das bereite ihm „Gänsehaut“.

Also was jetzt? Die Themenvorgabe der Synode (es geht um „Synodalität“, und auch im Vatikan kann einem nicht jeder erklären, was das genau bedeuten soll) trägt zur Uneindeutigkeit bei. Trifft sich den Oktober über in Rom ein „Debattierclub ohne rechtliche Vollmachten“, wie der Kirchenhistoriker Hubert Wolf unkt, oder wird hier doch eine Einflugschneise für den Heiligen Geist planiert?

Innerkirchlicher „Klimawandel“ möglich

Der Autor
Stefan von Kempis, geb. 1970, leitet das deutschsprachige Programm von Radio Vatikan / Vatican News. Er studierte in Bonn, Freiburg und Paris Geschichte und Theologie sowie in Rom und Kairo Islamwissenschaften. Er wohnt in Rom, ist mit einer Spanierin verheiratet und hat zwei Kinder.

Man sollte der Synode, finde ich, jetzt erst mal eine Chance geben. Dazu ist es nötig, sich von ein paar Missverständnissen freizumachen: Nein, das römische Geschehen ist keine Fortsetzung des deutschen „Synodalen Wegs“ auf Global­niveau, der Ansatz ist ein anderer; weniger parlamentarisch, eher beratend. Es geht dem Papst in erster Linie nicht um Reformbeschlüsse, sondern um einen anderen Stil in der Kirche. Die vielen, oft verhärteten Fronten will er aufweichen; es soll weniger übereinander, mehr miteinander gesprochen werden. Einen solchen innerkirchlichen „Klimawandel“ hält Franziskus für die Voraussetzung, um eventuelle Reformen einzuleiten.

Auf früheren Synoden zur Familie oder zum Amazonas ging es ihm offenbar zu zänkisch zu, darum wurde nichts aus den angedachten Neuerungen (Priesterweihe für „viri probati“, Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene). Ob das diesmal anders läuft?

Raum für den Heiligen Geist

Franziskus will ja sogar die Presse weitestgehend aussperren, damit die Väter (und Mütter!) der römischen Synode nicht unter Druck stehen, sondern sich wirklich ein Raum für den Heiligen Geist öffnet.

Ist das naiv? Vielleicht. Und es gibt keine Garantie, dass das funktionieren wird. Aber irgendwie ist es auch anrührend. Dieser Papst glaubt tatsächlich an geistliche Prozesse. Und daran, dass der Heilige Geist die Kirche leitet und in ihr Neues bewirkt. Ist eigentlich nicht die schlechteste Einstellung für einen Papst… Also: Give the synod a chance!

In unseren Gastkommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

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