Der Jesuit und Franziskus-Experte Andreas R. Batlogg SJ zu Beratungen in Rom

Weltsynode: "Unterscheidung der Geister" ist mehr als eine nette Vokabel

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Noch vor Beginn der Weltsynode hat Kirche+Leben vier renommierte Journalisten und Publizisten um ihre Einschätzug gebeten. Diesmal: der Jesuit Andreas R. Batlogg, ein Kenner nicht zuletzt eines anderen Jesuiten: Papst Franziskus.

Jetzt geht es los: eine Synode über Synodalität. Die bis 29. Oktober dauernden Beratungen sind eine weitere Station auf einem vor drei Jahren begonnenen Weg, auf den Franziskus die Kirche weltweit eingeschworen hat. Im Oktober 2024 wird bei einer zweiten Synodenphase geschaut werden: Was ist wirklich weitergegangen?

„Der ganze Prozess der Synode ist wichtig, nicht nur das Ergebnis“, meint Kardinal Jean-Claude Hollerich, neben Kardinal Mario Grech, dem Generalsekretär der Bischofssynode, einer der federführenden Akteure. Natürlich ist die Bischofssynode „nur“ ein beratendes, kein Entscheidungsgremium. Kann man sie deswegen als „pseudodemokratische Illusion“ (Volker Reinhardt) denunzieren oder meinen, sie sei nur „ein weiterer Debattierclub ohne rechtliche Vollmachten“ (Hubert Wolf)?

“Unterscheidung der Geister”

Der Autor
Andreas R. Batlogg SJ , seit 1985 Jesuit, 2000-2017 Mitglied der Redaktion „Stimmen der Zeit“, von 2009 bis 2017 deren Chefredakteur, seit 2019 Citypastoral an der Jesuitenkirche St. Michael (München) tätig, Buchautor, Publizist. 

Werden solche Einschätzungen den Suchprozessen gerecht, die auf der Ebene von Pfarreien, Diözesen, auf nationaler Ebene und auf Kontinentalversammlungen, stattgefunden haben – mit viel Herzblut, mit enormem Aufwand, wenn auch nicht ohne Enttäuschungen?

Mein Plädoyer: Erst einmal zusammenkommen lassen! Nicht Beratungen von vornherein kleinreden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen sich erst finden: lernen, mit unterschiedlichen Kirchenbildern und -visionen umzugehen, die sichtbar geworden sind. Das ist ein geistlicher Prozess – für eine wirksame „Unterscheidung der Geister“. Sie ist nicht nur eine nette Vokabel.

Spirituelles Training

Es ist ein Übungsweg. Also spirituelles Training. Wenn jetzt schon klar wäre, was Ende Oktober das Ergebnis ist, stünde alles bereits fest! Es geht ums Hören. Daraus ergibt sich alles andere. Also keine „Tarifverhandlungen“ oder das Abarbeiten einer unsichtbaren Reformagenda.

Lernprozesse brauchen Zeit. Eine „synodale Kultur“ lässt sich nicht per Dekret verordnen oder mit einem Machtwort erzwingen. Die Versammlung werde vor allem eine geistliche Erfahrung sein, sagt Kardinal Grech: „ein Ereignis des Gebets und des Hörens auf den Heiligen Geist, der der wahre Protagonist des Ereignisses ist“. Wie Synodalität funktioniert – das lässt sich nur gemeinsam herausfinden. Aber: Alle Player müssen das können wollen.

Eine Frage im „Instrumentum laboris“ lautet: „Wie kann Mitverantwortung in Entscheidungsprozessen an abgelegenen Orten und in sozial problematischen Kontexten erhört werden, wo Frauen oft die Hauptverantwortlichen in der Seelsorge und Evangelisierung sind?“ Eine höchst relevante Frage!

In unseren Gastkommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

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