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Zur Weltsynode hat „Kirche+Leben“ renommierte Journalisten und Publizisten um ihre Einschätzung gebeten. Diesmal: Marc Frings, Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.
Mit mutigen Interviews und dem Blick auf die Ränder der Kirche wirbelt Papst Franziskus Sand auf. Wer schon einmal durch Wüsten gewandert ist, weiß um die Konsequenzen von Sandverwehungen, die die Orientierung vernebeln.
So verschwinden auch eingefahrene Wege, und das kann manchmal sehr wichtig sein. Doch wer den Sand aufwirbelt, sollte seinen Mitwandernden auch Orientierung bieten.
Papst hat Synodalität bereits diskreditiert
In der Kirche ist dafür unverändert der Papst zuständig. Immer wieder fehlte ihm der Wille zur Tat. Nicht anders kann ich es interpretieren, dass er Synodalität als kirchliches Gestaltungsinstrument schon 2019 diskreditierte, als er die Mehrheitsvoten der Amazonassynode unberücksichtigt ließ.
Und Rom reagierte empfindlich, als die deutsche Ortskirche einen Synodalen Rat ins Spiel brachte. Solche Momentaufnahmen stellen das Instrumentum Laboris in Frage, das an mehreren Stellen das Subsidiaritätsprinzip stärkt und „Gleichförmigkeit“ ablehnt.
Überall brodelt es
Der Autor
Marc Frings ist seit 2020 Generalsekretär des ZdK. Er studierte Politikwissenschaft, Jura sowie Friedens- und Konfliktforschung.
Dieser Widerspruch ist als Hypothek mitzudenken, wenn Perspektiven zur Weltsynode ausbuchstabiert werden. In einem Gespräch klagte neulich ein Erzbischof der Weltkirche über die „vielen Erwartungen“ an Rom. Dass weiterhin viele Menschen Erwartungen artikulieren, zeigt aus meiner Sicht, dass die Hoffnungen auf Veränderung noch nicht versiegt sind. Ob es dem Erzbischof lieber wäre, das Volk Gottes wende sich indifferent ab, war ihm jedenfalls nicht zu entlocken.
Dabei haben die Zulieferungen aus den Ortskirchen deutlich gezeigt, dass es überall brodelt: Missbrauch, Menschenrechte und Klerikalismus stehen überall auf der Agenda. Obgleich die Synode über Prinzipien und nicht über Inhalte beraten soll, ist der zu beobachtende mangelhafte Umgang mit diesen Fragen ein relevanter Punkt, an dem sich künftige Beratungs- und Beschlussstrukturen orientieren müssen.
Die Hauptursache anerkennen
Dass es so vielen Ortskirchen, auch der deutschen, nicht gelang, schnell und verbindlich einen direkten Dialog mit Missbrauchsbetroffenen zu etablieren, zeigt, wie weit der Weg auch für andere diskriminierte Gruppen ist: Sich selbst dafür zu feiern, dass man einige Frauen nach Rom eingeladen hat, zeigt die Weltentrücktheit des römischen Apparats. Ein Blick in die Papiere zur Geschlechteranthropologie, die die Mehrheiten des Synodalen Wegs fanden, wäre gewiss dienlich.
Als Politikwissenschaftler weiß ich um die Relevanz von Legitimität, die inhaltlichen Beschlüssen vorausgehen muss. Aber ich weiß auch um die Macht der Symbole. Ein solches Signal könnte es sein, wenigstens die Hauptursache für den Vertrauensverlust der Kirche anzuerkennen und nicht länger vom „sogenannten“ Missbrauch und seiner Vertuschungsstrategien zu sprechen.
In unseren Gastkommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.