Theologie-Professorin Dorothea Sattler aus Münster zur Weltsynode in Rom

Eine Synode muss ökumenisch sein, wenn sie katholisch sein soll

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In Rom sind mehr als 400 Geweihte und Laien beisammen und beraten über die Kirche der Zukunft. Römisch ist das Ganze also. Aber um katholisch zu sein, braucht es mehr, sagt die Münsteraner Ökumene-Expertin Dorothea Sattler.

Die Weltsynode hat begonnen. Ich erwarte sehr viel von ihr - im Unterschied zu vielen Theologinnen und Theologen, die sich in diesen Tagen zu Wort melden. Noch nie zuvor war die Form der Beratungen und der Entscheidungen in der Kirche das Thema einer Synode. Die römisch-katholische Kirche denkt kritisch über sich selbst nach. Das ist gut so. 

Ich bin zuversichtlich, dass die Themen, die nicht nur beim Synodalen Weg in Deutschland auf der Tagesordnung standen, in Rom besprochen werden: Das Leiden der von sexualisierter Gewalt Betroffenen schreit zum Himmel; sie bringen sich zu Gehör. Frauen sind unübersehbar mit ihrer Expertise präsent. Menschen, die sich lieben, werden von ihren Lebensgeschichten erzählen. Neue Formen der Kommunikation und Partizipation werden eingeübt.

Die Schwierigkeit der Synode

Die Autorin
Dorothea Sattler ist Professorin für Dogmatik und ökumenische Theologie an der Universität Münster sowie Co-Vorsitzende des Frauenforums beim Synodalen Weg.

Die Weltsynode findet in Rom statt. Sie ist römisch – ist sie auch katholisch? In der Ökumene ringen wir darum, diese Eigenschaft, die der Kirche im Glaubensbekenntnis zugesagt ist, gemeinsam zu verstehen: Katholisch ist nur, was auch evangelisch und orthodox ist: was dem biblischen Evangelium entspricht und als wahre Lehre Gottes erkannt ist. Katholisch ist zudem nur, was allüberall und immerzu gilt. Katholisch meint: alle Räume und Zeiten umfassend. Hier zeigt sich die größte Schwierigkeit bei der Weltsynode: die Unterscheidung zwischen der zeitlos gültigen Botschaft Gottes und den immer geschichtlich begrenzten Fähigkeiten aller Menschen, auf sie zu hören und sie zu verkündigen.

Die beim 2. Vatikanischen Konzil (1962-65) versammelten Bischöfe kamen zu der Überzeugung, dass die römisch-katholische Kirche die Fülle der Katholizität der Kirche nicht leben kann, ohne auf das Zeugnis der weiteren christlichen Traditionen zu achten (vgl. das Ökumene-Dekret, Nr. 4). 

Zerreißproben kennen auch andere Kirchen

Es war ein besonderes Zeichen der Katholizität, dass die Weltsynode mit einem ökumenischen Gebet unter der Leitung der Gemeinschaft von Taizé begonnen hat. Repräsentanten anderer christlicher Gemeinschaften sind nach Rom gekommen. Auch die orthodoxe und die anglikanische Kirche stehen derzeit in Zerreißproben in ihren weltweiten Kontexten. Synodalität zu leben, ist auch für sie eine große Herausforderung.

Der Blick in die Ökumene – in die Katholizität im eigentlichen Sinn – verringert die Zahl der offenen Fragen nicht. Ermutigend ist, dass auch die anderen Kirchen es nicht aufgeben, trotz aller Kontroversen katholisch sein zu wollen: mit allen in geistlicher Gemeinschaft lebend. Noch weit und steinig ist der Weg, als christgläubige Frauen und Männer die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche zu werden.

In unseren Gastkommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

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