Kolping-Seelsorgerin über szenische Lesung in Coesfelder Kirche

„Geheimplan gegen Deutschland“ - Treffen Rechtsextremer auf der Bühne

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Dem Kolping-Bildungswerk ist es gelungen, das Kammertheater „Der Kleine Bühnenboden“ aus Münster mit seiner viel beachteten Lese-Inszenierung „Geheimplan gegen Deutschland“ nach Coesfeld zu holen. Die Schauspieler stellen die geheime Zusammenkunft Rechtsextremer in Potsdam nach, bei dem das Recherchezentrum Correctiv vor Ort war und das Treffen dokumentiert hat. Kirche+Leben sprach mit der Diözesanseelsorgerin des Kolpingwerks Diözesanverband Münster, Alexandra Damhus, über die Veranstaltung am 12. März.

Frau Damhus, warum veranstaltet das Kolping-Bildungswerk zusammen mit dem Pastoralen Raum Coesfeld diese Aufführung der Lese-Inszenierung „Geheimplan gegen Deutschland“?

Ende Januar war ich in der Münsterland-Premiere des „Geheimplan gegen Deutschland“ im Kleinen Bühnenboden in Münster. Ich hatte zuvor in den Nachrichten über das Treffen in Potsdam und den dort besprochenen Themen gelesen. Dennoch erschütterte mich die Deutlichkeit dessen, was das Recherchezentrum Correctiv mit der szenischen Lesung offenlegte. Ich war fassungslos über diese, in meinen Augen menschenverachtende Denk- und Sprechweise. So entstand die Idee, dass diese Ungeheuerlichkeiten noch viel präsenter in die breite bürgerliche Mitte gehören. Die Form der szenischen Lesung empfinde ich als viel eindrücklicher als einen nüchternen Nachrichtenbericht.

Was hat Sie so schockiert?

Die Aussagen und Pläne der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Potsdamer Treffens widersprechen in jeglicher Weise dem christlichen Menschen- und Gottesbild, in dem jeder Mensch die gleiche Würde und Wertigkeit hat. Mein Präses-Kollege beim Kolpingwerk Diözesanverband Münster, Pater Thaddäus Vos vom Kloster Gerleve, teilte meine Auffassung. Die Kolpinggeschwister gehören zur bodenständigen bürgerlichen Mitte – die ideale Zielgruppe für das weitere Vorgehen. Das Kolping-Bildungswerk konnte gewonnen werden und ist zusammen mit den Pfarreien des Pastoralen Raums Coesfeld Veranstalter.

Das Stück wird in einer Kirche aufgeführt. Welchen Stellenwert messen Sie diesem Ort zu?

Im kollegialen Austausch erfuhr Coesfelds Kreisdechant Pfarrer Jörg Hagemann von unserer Absicht, die szenische Lesung „Geheimplan gegen Deutschland“ nach Coesfeld zu holen. Sofort bot er eine der Coesfelder Kirchen als Austragungsort an. Ich bin darüber sehr erfreut. Zeigt so doch nicht nur das Kolping-Bildungswerk, sondern auch die katholische Kirche vor Ort klar Gesicht gegen rechtes Gedankengut.

Setzen Katholiken so ein klares Zeichen?

In meinen Augen ist das Engagement gegen rechts eine der wichtigsten Aufgaben von Christinnen und Christen in dieser Zeit. Die Kirche als Aufführungsort macht dies ohne Worte deutlich. Als engagierte Christinnen und Christen wollen und sollen wir in die Gesellschaft hineinwirken und mitgestalten, so sagt es schon der Gesellenvater Adolph Kolping. Genau das tun wir durch das kostenfreie Angebot dieser Aufführung für alle Interessierten.

Was sollten christlichen Verbände und Kirchen gegen das „rechte Gedankengut“ tun?

Die Mitglieder darin bestärken, sich politisch zu informieren und zu engagieren. Gelebte Demokratie mit allen Freiheiten, wie wir sie in Deutschland leben dürfen, ist zwar auch, aber nicht nur Geschenk. Sie deckt sich zu hundert Prozent mit dem Christsein. Die Bischöfe haben dies auch erst kürzlich kundgetan. Ansonsten ganz praktisch: Zur Demo gehen, gern mit den jeweiligen Verbandsbannern und sich fit machen für politische Auseinandersetzungen im privaten und beruflichen Umfeld. Das Kolping-Bildungswerk bietet dazu einige Veranstaltungen an. Es geht um die Zukunft eines jeden Einzelnen und der Gesellschaft und damit auch irgendwie um das Christsein. Wie sollte ich als Christin glaubwürdig sein, wenn ich zu diesem Thema schweige?

Lese-Inszenierung „Geheimplan gegen Deutschland“
Am Dienstag, 12. März 2024, wird um 19.30 Uhr die Lese-Inszenierung „Geheimplan gegen Deutschland“ in der Kirche Anna Katharina in Coesfeld, Am Tüskenbach 18, aufgeführt. Veranstalter ist das Kolping-Bildungswerk Diözesanverband Münster in Kooperation mit den Kirchen im Pastoralen Raum Coesfeld, wozu die Pfarreien Anna Katharina, St. Johannes und St. Lamberti gehören. Der Einlass ist kostenfrei. Das Kammertheater „Der Kleine Bühnenboden“ setzt die szenische Lesung mit Münsteraner Schauspielerinnen und Schauspielern um. Zum Hintergrund: Am 10. Januar 2024 publizierte das Recherchezentrum Correctiv einen Bericht über ein Treffen im November 2023 in Potsdam, an dem AfD-Politiker, einzelne Mitglieder der CDU und Rechtsextremisten teilnahmen. Dabei ging es um Pläne für die Vertreibung von Millionen Menschen mit Migrationsgeschichte aus Deutschland. Gemeinsam mit Kay Voges und dem Ensemble des Berliner Schauspiels wurde später eine szenische Lesung des Treffens auf die Bühne gebracht.

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