Erbschaft entzweit Gemeinde und Priester

Immobilienstreit: Wolfgang Schmitz verzichtet auf Pfarrstelle in Brake

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In der St.-Marien Pfarrei brodelte es, nachdem bekannt wurde, dass der Pfarrer sich von einer alten Dame ein Haus hat übertragen lassen, das angeblich zuvor für die Kirche bestimmt gewesen sei.

Pfarrer Wolfgang Schmitz verzichtet auf seine Pfarrstelle in der St.-Marien-Pfarrei Brake (Kreis Wesermarsch). Das geht aus einer Stellungnahme des Bischöflich Münsterschen Offizialats in Vechta hervor. Zwischen dem Pfarrer der St.-Marien-Pfarrei und dem Offizialat gab es demnach in der vergangenen Woche ein Gespräch zur aktuellen Situation in Brake, das zu dieser Übereinkunft führte.

In der Pressemitteilung des Offizialats heißt es wörtlich, „dass Pfarrer Schmitz auf die Pfarrstelle in Brake verzichten wird, sobald Einvernehmen über seinen künftigen Einsatz als Priester erzielt wird. Diesbezügliche Gespräche werden unmittelbar aufgenommen. Bis zum Amtsverzicht bleibt Pfarrer Schmitz beurlaubt.“

Erbschaftsstreit im Hintergrund

Im Hintergrund dieser Vorgänge steht ein Erbschaftsstreit in der St.-Marien-Pfarrei. Dabei geht es um zuerst in der Oldenburger „Nordwestzeitung“ (NWZ) veröffentlichte Vorgänge und Vorwürfe, nach denen eine Frau aus der Gemeinde kurz vor ihrem Tod im vergangenen März dem Pfarrer und seiner Haushälterin ein Wohnhaus notariell übertragen hat. Dabei sei – so die NWZ – die Immobilie ursprünglich der Pfarrei zugedacht gewesen. Dieser Vorgang habe zu erheblichem Unmut in der Gemeinde geführt.

Auf Anfrage von „Kirche-und-Leben.de“ wollte sich Pfarrer Schmitz zu Einzelheiten nicht äußern, nannte die Vorgänge von Medien aber „sehr einseitig“ dargestellt. Die notarielle Übertragung einer Immobilie bestreitet er indes nicht. Laut Schmitz lasse die Berichterstattung außer Acht, dass es bei der Vereinbarung „um einen gegenseitigen Vertrag mit Rechten und Pflichten“ gegangen sei.

Pfarrer tritt Gerüchten entgegen

Entgegen anders lautender „Gerüchte und Halbwahrheiten“, von denen – so Schmitz – viele kursierten, sei er weder „Betreuer“ der Verstorbenen noch ihr „Testamentsvollstrecker“ gewesen. „Ein Betreuer wird vom Gericht für eine konkrete Person mit einem bestimmten Aufgabenbereich bestimmt, das war ich eindeutig nicht“, antwortete Schmitz auf eine Frage von „Kirche-und-Leben.de“.

Mehr könne und dürfe er vor Abschluss der Angelegenheit nicht sagen, erklärte er, zeigte sich aber optimistisch. „Wir sind dabei, etwas zu klären, und ich bin im Moment ganz zuversichtlich, dass sich das klären wird.“ Das Offizialat lehnte mit Verweis auf eine laufende Personalangelegenheit jede Stellungnahme zu der Angelegenheit ab.

Unmut wegen Annahme der Immobilie

Laut Pastoralreferent Thomas Fohrmann richtete sich der Unmut in der Pfarrei insbesondere dagegen, dass Schmitz das Wohnhaus überhaupt angenommen habe. Auf Nachfrage von „Kirche-und-Leben.de“ erklärte Forhmann, das habe er nach Ansicht von Pfarreimitgliedern nicht gedurft.

In der Tat verbietet eine 2019 im Kirchlichen Amtsblatt für das Bistum Münster veröffentlichte „Compliance-Richtlinie des Bistums Münster (NRW-Teil)“ Seelsorgerinnen und Seelsorgern sowie dem Personal des Generalvikariats, des Offizialates und der Einrichtungen des Bistums Münster die Annahme von Zuwendungen, Belohnungen oder Geschenken in Bezug auf ihre Tätigkeit.

Compliance-Richtlinie regelt Einzelheiten

Die Richtlinie ruft sie eindringlich dazu auf, sich ihrer Vorbildfunktion bewusst zu sein und in Zweifelsfällen Kontakt zu Vorgesetzten und der jeweiligen Personalstelle aufzunehmen. Eine ähnliche „Compliance-Regelung“ für den niedersächsischen Teil des Bistums hat das Offizialat in Vechta zum 1. Oktober dieses Jahres – erst vor wenigen Wochen also – in Kraft gesetzt.

Die Pfarrverwaltung der St.-Marien-Pfarrei übernimmt ab 18. November Pfarrer Karl Jasbinschek, Pfarrer von St. Willehad in Nordenham, zusätzlich zu seinen Aufgaben dort. Vor ihm war für eine Woche Pfarrer Michael Bohne aus St. Marien in Oldenburg dafür zuständig gewesen, davor wiederum hatte Schmitz‘ direkter Vorgänger Ruhestand-Pfarrer Gregor Stratmann aus Detmold für mehrere Wochen die Pfarrverwaltung übernommen. Er war direkt nach Schmitz‘ Beurlaubung zum 1. Oktober eingesetzt worden.

Aufbruchstimmung in Brake

Auch wenn der Unmut über die Vorgänge der vergangenen Monate nicht bei allen vorüber sei, macht Pastoralreferent Thomas Fohrmann seit kurzem eine Art Aufbruchstimmung in der Pfarrei aus. Der vom Offizialat in Vechta angekündigte Verzicht des Pfarrers habe für viele Klarheit geschaffen, die bis dahin gefehlt habe. „Die Gremien und die Gemeindeteile rücken jetzt zusammen und schauen, wie es jetzt weitergehen kann, insbesondere in der Zeit, in der noch kein Priester vor Ort ist.“

Markus Wonka erklärt: Darf ein kirchlicher Mitarbeiter ein Geschenk annehmen?
Die Vorgänge in Brake führen zur grundsätzlichen Frage: Was darf ein kirchlicher Mitarbeiter von einem Gemeindemitglied aus Dankbarkeit oberhalb einer Bagatellgrenze eigentlich annehmen? Etwa wenn eine Seniorin einer Pastoralreferentin ein wertvolles Schmuckstück überlassen möchte, weil sie ihr so dankbar für ihre Arbeit ist?
Markus Wonka, Leiter der Abteilung Seelsorge im Bischöflichen Offizialat, erklärt dazu: „Ich würde von einer Person im pastoralen Dienst erwarten, dass sie sagt: Sie kann das nicht einfach so annehmen.“ Natürlich könne man sich dafür dankbar zeigen, dass jemand die Arbeit oder die pastorale Tätigkeit wertschätzt und dieses würdigen möchte. „Trotzdem bleibt man immer noch frei, etwas anzunehmen oder nicht anzunehmen.“
„Wenn die oder der Schenkende dennoch darauf Wert lege, dann erwarte ich, dass die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter sagt: Das muss ich erst mit meinem Vorgesetzten besprechen. So wie das in der Compliance-Regel für das Bistum Münster angelegt ist.“ Anschließend könne man zum Beispiel gemeinsam mit dem oder der Schenkenden überlegen, wie man es anders machen kann. „Sodass man so eine Person auch nicht zurückweisen muss.“
Für einen Priester gelte in dieser Hinsicht das Gleiche wie für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen und auch im öffentlichen Dienst. Es gebe einen klaren Verhaltenskodex, der in manchen Fällen auch verschriftlicht sei. Die Compliance-Richtlinien für das Bistum Münster etwa sagten klar und deutlich: „Ein Mitarbeiter darf eigentlich gar nichts annehmen.“
Für den niedersächsischen Bistumsteil seien Compliance-Regelungen zwar erst zum 1. Oktober im Kirchlichen Amtsblatt für das Bistum in Kraft gesetzt worden, sagt Markus Wonka. „Aber sie formulieren ja nur das, was eigentlich selbstverständlich sein sollte. Die Annahme von Bestechungsgeldern zum Beispiel ist ja nicht erst ab dem Zeitpunkt verboten, wo dies veröffentlicht ist. Es hat also auch eine moralische Dimension.“ (Michael Rottmann)

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