Einsatz für die biologische Vielfalt gewürdigt

Kapuzinergarten in Münster wird mit UN-Preis ausgezeichnet

Der Kapuzinergarten des Klosters in Münster bekommt die „Auszeichnung der UN-Dekade Biologische Vielfalt“. Auf 1,5 Hektar wachsen dort sonst kaum noch kultivierte Pflanzen.

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Diese 1,5 Hektar mitten in Münster haben es in sich. Rund um das Kapuzinerkloster ist seit vier Jahren eine Garten- und Parklandschaft entstanden, die sich neuen Maßstäben stellt. Die Beete, Streuobstwiesen und Ackerflächen werden nicht nach Wirtschaftlichkeit und Ertrag bemessen. Ökologie, Artenvielfalt und Sensibilisierung der Besucher für einen nachhaltigen Lebensstil stehen hier im Vordergrund. Genau dafür erhält der Kapuzinergarten jetzt die „Auszeichnung der UN-Dekade Biologische Vielfalt“.

Deutliche Zahlen sprechen dafür. Unter anderem 150 Salat- und Gemüsesorten, 160 Kräuterarten sowie 90 verschiedene Obstsorten sind hinter der Klostermauer zu finden. Dabei handelt es sich überwiegend um alte regionale Pflanzen, die sonst kaum noch angebaut werden, erklärt Bruder Bernd Beermann. „Im Supermarkt zählen vor allem Aussehen, Süße und der Massen-Geschmack“, sagt der Leiter des Klosters. „Alte Sorten dagegen sind zum Beispiel eher mit Blick auf die Lagerfähigkeit gezüchtet worden.“ Es gibt Apfelsorten, die nach der Ernte erst einige Monate gelagert werden müssen, um einen guten Geschmack zu entwickeln. Für die Massenproduktion ist das ein Ausschlusskriterium.

 

Fast vergessene Namen

 

Für die Kapuziner und ihre Projektpartner vom Naturschutzbund (NABU), vom Institut für Theologische Zoologie (ITZ), von der Philosophisch-Theologischen Hochschule Münster und den Alexianer-Werkstätten ist es das nicht. Ihnen geht es nicht um das Füllen von Supermarktregalen. Und so finden sich in den Baumreihen fast vergessene Apfel-Namen wieder: Dülmener Rose, Münsterländer Borsdorfer oder Ananasrenette. Wie bei allen anderen Kulturpflanzen im Kapuzinergarten soll das kein Ausdruck von Exotik sein, sondern einen Beitrag zum Erhalt dieser Züchtungen leisten.

Bruder Bernd
Derzeit gibt es nur wenig Grün im Kräuterbeet. Bruder Bernd Beermann freut sich schon auf die Blütezeit im nahenden Frühling. | Foto: Michael Bönte

Warum macht das Sinn? Zwar decken die Kapuziner in Münster auch 70 Prozent ihres Bedarfs an Obst und Gemüse aus ihrem eigenen Garten. „Es geht hier aber nicht um die Wirtschaftlichkeit“, sagt Bruder Bernd. Den zentralen Beweggrund erklärt er erneut am Beispiel des Apfels. „Jede Sorte ist wie ein Individuum und spielt eine wichtige Rolle für den Reichtum der Vielfalt.“ Vor dem franziskanischen Hintergrund seines Ordens beschreibt er das auch theologisch: „Jede Kreatur trägt Gottes Lob in sich – je vielfältiger die Natur ist, desto reicher ist also auch der Lobpreis Gottes.“

 

Stünde der heilige Franziskus an der Seite von Greta?

 

Der Ordensvater der Kapuziner, der heilige Franziskus, scheint ohnehin gut in den derzeit auf der ganzen Welt immer lauter werdenden Einsatz für Klima- und Umweltschutz zu passen. Stünde er, der schon im Mittelalter die Schönheit der Schöpfung pries, heute an der Seite der Klima-Ikone Greta? „Er sollte dafür nicht vereinnahmt werden“, sagt Bruder Bernd. „Denn Gedanken des Umweltschutzes waren den Menschen damals noch absolut fremd.“ Die Zielrichtung ist in den Augen des Kapuziners aber nicht weit voneinander entfernt. „Wer wie der heilige Franziskus in jedem Geschöpf den Schöpfer sieht, macht sich für ihren Erhalt genauso stark wie andere, die wissenschaftlich auf die Veränderung der Erde blicken.“


Apfelbaum „Dülmener Rose“ – Obstsorten, die heute kaum noch angebaut werden, haben im Klostergarten wieder ihren Platz bekommen. | Foto: Michael Bönte

„Aber schön, dass seine Idee zum Anliegen vieler Menschen heute passt“, sagt der Kapuziner. Damit kann der Garten aber durchaus auch als Kritik an anderen Sichtweisen gesehen werden. „Es geht nicht um Verurteilen, sondern um ein positives Beispiel, das wir liefern.“ Er ist auch im Gespräch mit konventionellen Landwirten, die er mit der Ausstrahlung seines Gartens aber keinesfalls in Argumentationsnot bringen will. „Für Veränderung sind sie nur zu einem Teil verantwortlich – Politiker und Verbraucher müssen sich genauso bewegen.“

 

Umdenken als Ziel

 

Den Preis gibt es deshalb auch für das Kommunikationskonzept des Klostergartens. Immer wieder gibt es Veranstaltungen mit dem Ziel, den Menschen eine höhere Wertschätzung der Natur nahe zu bringen. Jugendgruppen werden eingeladen, Führungen veranstaltet, Seminare angeboten. Das Ziel ist genau dieses vielseitige Umdenken in allen Teilen der Gesellschaft.

Bruder Bernd ist sich sicher, dass die 1,5 Hektar eine wichtige Ausstrahlung dafür entwickelt haben. Nicht nur als Kapuziner, sondern auch als studierter Biologe und Chemiker wird er deshalb mit seinen Mitbrüdern und Helfern mit großem Eifer im Einsatz bleiben.

 

Heimspiel für den Biologen

 

Das Angebot rund um sein Kloster ist ein Heimspiel für ihn. Als einsamer Rufer in einer Gesellschaft, die sich oft an anderen Werten wie Nachhaltigkeit orientiert, fühlt er sich schon lange nicht mehr. „Nein, die Rufer werden immer mehr.“

Die Auszeichnung wird in einer Feierstunde am Sonntag (2. Februar) um 15 Uhr in der Klosterkirche der Kapuziner in Münster verliehen . In den Vorträgen soll ein Blick auf eine „Spiritualität im ökologischen Zeitalter“ geworfen werden. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) wird den Preis überreichen.

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