Auch Deutscher Journalisten-Verband spricht von „Maulkorb“

Katholische Journalisten kritisieren Erzbistum Köln

  • Die Gesellschaft Katholischer Publizisten und der Deutsche Journalisten-Verband kritisieren das Erzbistum Köln.
  • Es hatte bei einem Hintergrundgespräch zu Missbrauch eine Verschwiegenheitserklärung verlangt.
  • Das sei „ebenso unglaublich wie unerhört“ und bei solchen Terminen unüblich.

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Massive Kritik am Erzbistum Köln übt die Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschlands (GKP). Dass das Erzbistum bei einem Hintergrundgespräch über ein unter Verschluss gehaltenes Gutachten zum Missbrauchsskandal eine Verschwiegenheitserklärung von Journalisten gefordert habe, sei „ebenso unglaublich wie unerhört“, erklärte die Journalistenvereinigung.

Das Vorgehen widerspreche journalistischen Grundsätzen der Unabhängigkeit und Transparenz. „Und es konterkariert die Bedeutung unabhängiger Medien im Zug der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt. Es darf hier nichts geben, was den Eindruck einer gelenkten Berichterstattung erweckt.“ Zuvor hatte bereits der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) das Erzbistum kritisiert.

 

Was das Erzbistum wollte

 

Die Erzdiözese wollte bei dem Hintergrundgespräch Einblick in ein bislang nicht veröffentlichtes Gutachten über den Umgang der Bistumsleitung mit Missbrauchsfällen geben und dabei erläutern, wo es methodische Mängel sieht. Das Gutachten der Kanzlei Westpfahl-Spilker-Wastl (WSW) sollte mit geschwärzten Namen und Orten vorgelegt werden.

Mit Unterschrift sollten sich die Medienvertreter verpflichten, nicht über Tathergänge, Täter und benannte Verantwortungsträger zu berichten. Dies lehnten sie ab, worauf das Treffen abgebrochen und ein neues Gespräch unter veränderten Bedingungen in Aussicht gestellt wurde.

 

„Alarmierend und bezeichnend für Stil des Erzbistums“

 

Zur journalistischen Arbeit gehörten auch Hintergrundgespräche, betont die GKP. Basis dafür sei gegenseitiges Vertrauen. „Der Versuch, ein solches Gespräch und damit das journalistische Wissen um Inhalte des WSW-Gutachtens an im Zweifelsfall juristisch relevante schriftliche Verpflichtungen zu binden, ist für dieses Gesprächsformat vollkommen unüblich. Es ist bezeichnend für den Stil des Erzbistums, ja alarmierend.“

Die GKP fordert von Kardinal Rainer Maria Woelki erneut die Veröffentlichung des Gutachtens. Die Betroffenen von Missbrauch und die Öffentlichkeit hätten ein Anrecht darauf, zu erfahren, „ob und wie rechtsstaatliche Grundsätze im Erzbistum Köln eingehalten oder missachtet wurden“.

 

Wie die Kirche mit Journalisten kommunizieren sollte

 

Die GKP sieht Woelki persönlich in der Verantwortung: „Er verursacht einen Kollateralschaden für die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche.“ Die GKP setze „auf eine Kirche, die keine Medienanwälte braucht, um mit Journalistinnen und Journalisten zu kommunizieren“.

 

DJV: Köln wollte „Maulkorb“ für Journalisten

 

Zuvor hatte der nordrhein-westfälische DJV-Landesvorsitzende Frank Stach das Erzbistum Köln kritisiert. Der Zwang zur Verschwiegenheitserklärung mache eine berechtigte Berichterstattung unmöglich und erwecke den Eindruck, „man wolle etwas verschleiern“.

Zum Alltag von Journalisten gehöre es, dass nicht jede vertrauliche Information zur Veröffentlichung bestimmt sei, so Stach. Aber „schriftliche Geheimhaltungsvereinbarungen“ in einem solchen Umfang kämen „einem Maulkorb“ gleich. Die Reaktion der Journalisten, die Unterschrift zu verweigern, „war die einzig mögliche“, betonte Stach.

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