Bayerisches Oberstes Landesgericht urteilte inzwischen pro Kirchenasyl

Kirchenasyl: Benediktiner-Äbtissin Mechthild nun doch vor Gericht

  • Wegen der Gewährung von Kirchenasyl muss sich die bayerische Äbtissin Mechthild Thürmer (64) nun doch vor Gericht verantworten.
  • Thürmers Anwalt sagte, seiner Mandantin sei eine Verfahrenseinstellung "wegen geringer Schuld" und ohne Geldauflage angeboten worden.
  • Diese Vorgehensweise sei jedoch "nicht angebracht, nachdem das Bayerische Oberste Landesgericht so eindeutig entschieden hat, dass die Gewährung von Kirchenasyl keine Straftat ist".

Anzeige

Wegen der Gewährung von Kirchenasyl muss sich die bayerische Äbtissin Mechthild Thürmer (64) nun doch vor Gericht verantworten. Das Amtsgericht Bamberg habe die Verhandlung für den 28. Februar angesetzt, sagte der Rechtsanwalt der Ordensfrau, Franz Bethäuser, der Katholischen Nachrichten-Agentur. Der Leiterin des oberfränkischen Benediktinerinnenklosters Kirchschletten wird Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt vorgeworfen.

Der Prozess gegen Mutter Mechthild sollte schon 2020 stattfinden, wurde aber kurzfristig wegen Ermittlungen in weiteren Fällen von Kirchenasyl-Gewährung gegen sie abgesagt. Das Gericht stellte ihr damals für den Fall einer Verurteilung eine "empfindliche Freiheitsstrafe" in Aussicht.

Anwalt: Verfahrenseinstellung ist angeboten worden

Die Benediktinerin ist gegenwärtig die einzige Ordensfrau in Bayern, gegen die noch eine diesbezügliche Anklage aufrechterhalten wird. Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayOLG) bestätigte vor einem Jahr den erstinstanzlichen Freispruch eines Benediktiners aus Münsterschwarzach (Aktenzeichen StRR 95/21). Die Verurteilung einer Oberzeller Franziskanerin wurde daraufhin aufgehoben.

Bethäuser sagte, seiner Mandantin sei eine Verfahrenseinstellung "wegen geringer Schuld" und ohne Geldauflage angeboten worden. Diese Vorgehensweise sei jedoch "nicht angebracht, nachdem das Bayerische Oberste Landesgericht so eindeutig entschieden hat, dass die Gewährung von Kirchenasyl keine Straftat ist".

Was ein höheres Gericht urteilte

Das BayOLG sieht den Tatbestand einer Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt nicht erfüllt, sofern sich die Gewährung von Kirchenasyl auf Unterkunft und Verpflegung beschränkt. Wer das tut, ist dem Gericht zufolge auch nicht verpflichtet, das Kirchenasyl aktiv zu beenden, wenn eine erneute Härtefallprüfung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu einer Ablehnung führt. Diese Pflicht bestehe nur auf Seiten des Flüchtlings und der Behörden.

Das Gericht verwies auf bestehende Absprachen zwischen Behörden und Kirchen. Seit 2015 muss für jeden im Kirchenasyl Aufgenommenen ein Dossier an das Bundesamt übermittelt werden. Darin drücke sich eine rechtswirksame Selbstbindung der Behörden aus. Deshalb könne einem Kirchenvertreter, der sich strikt an diese Vereinbarung halte, kein pflichtwidriges Verhalten vorgeworfen werden.

Mutter Mechthild: Kirchenasyl für mich selbstverständlich

Mutter Mechthild wurde wegen ihres Engagements für Flüchtlinge 2021 mit dem Göttinger Friedenspreis ausgezeichnet. Sie sagte damals: "Was ich gemacht habe, war für mich selbstverständlich." Nach ihren Angaben haben seit 2016 gut 30 Asylbewerberinnen und Asylbewerber Kirchenasyl in ihrer Abtei erhalten.

Anzeige